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Von Dr. Waldis Greiselis

Durch mehr oder minder starke politische Unterdrückung, durch Unterbindung der Einheitsbestrebungen der Deutschen und durch soziale Spannungen wurde im sogenannten Vormärz der 30er und 40er Jahre des 19. Jahrhunderts in den deutschen Staaten eine revolutionäre Situation vorbereitet.

Ausgehend von der Februar-Revolution 1848 in Frankreich kam es im März in fast allen deutschen Ländern zu inneren Unruhen und meist zur Bildung neuer liberaler Regierungen, die den Bürgern größere Freiheitsrechte und erweiterte politische Mitwirkung in Aussicht stellten.

Die Hoffnungen weiter Kreise der Bevölkerung auf eine Sicherung persönlicher und politischer Rechte durch eine Verfassung und auf eine nationale Einigung aller Deutschen richteten sich auf das – Ende April 1848 – gewählte deutsche Parlament, die Verfassunggebende Nationalversammlung, die am 18. Mai in der Paulskirche zu Frankfürt am Main zusammentrat.

Prinz Friedrich Karl im GefechtDie revolutionäre Bewegung im Großherzogtum Baden berührte unsere Region zunächst wenig: Zentren waren die großen Städte und ländliche Gebiete mit Resten feudaler Herrschaft. Der Heckerzug im April und der Struveputsch im September 1848 spielten sich in Südbaden ab.

Baden war dann der erste deutsche Staat, der die im Frühjahr 1849 vom Paulskirchenparlament verabschiedete Verfassung annahm. Als jedoch die größeren Staaten Preußen, Bayern, Sachsen und Hannover sie ablehnten und der preußische König die ihm angebotene Kaiserkrone zurückwies, war das Verfassungswerk gescheitert. Die enttäuschten Erwartungen und Hoffnungen breiter Bevölkerungskreise entluden sich in neuen Aufständen. Baden wurde das Zentrum dieser zweiten Revolution.

Durch “Volksvereine” war die Bevölkerung des Großherzogtums mittlerweile in erheblichem Maße politisiert: In den 1583 politischen Gemeinden bestanden rund 500 Volksvereine, die freiheitliches, demokratisches und z.T. republikanisches Gedankengut verbreiteten. Von rund 1,364 Millionen Einwohnern waren etwa 46000 in ihnen organisiert. Volksvereine gab es in unserer Gemeinde in Ubstadt, Stettfeld und Zeutern.

Ausgehend von einer Meuterei der Garnison Rastatt am 11. Mai 1849 ergriff der Aufstand in wenigen Tagen das ganze Land: Schon in der Nacht zum 14. Mai floh Großherzog Leopold, gefolgt von der bisherigen Regierung, über Mainz nach Koblenz, während ein revolutionärer Landesausschuss als provisorische Regierung die Macht im Staat übernahm. Das badische Militär ging auf die Seite der Revolutionäre über. Ende Mai 1849 ersuchte die großherzogliche Regierung die vorläufige Zentralgewalt in Frankfurt und Preußen um militärische Intervention, um den Aufstand niederzuschlagen.

Am 12.-13. Juni rückten zwei preußische Armeekorps und Bundestruppen unter Führung des Prinzen Wilhelm, des späteren ersten Deutschen Kaisers, aus dem Rheinland in die Pfalz vor, warfen in wenigen Tagen den dortigen Aufstand nieder und standen am Abend des 19. Juni am Rhein. Zur Abwehr der Interventionstruppen verfügte die badische Revolutionsregierung über die meisten bisher großherzoglichen Streitkräfte, aus Bürgern formierte Volkswehren und verschiedene Freischaren. Den Oberbefehl erhielt der polnische Revolutionsgeneral Ludwig v. Mieroslawski. Zahlenmäßig waren die Interventionskräfte etwa doppelt so stark wie die -badischen.

Nach vorangegangenen kleineren Gefechten fiel die militärische Entscheidung am 21. Juni in der Schlacht bei Waghäusel: Nachdem die Aufständischen die Preußen zunächst zum Rückzug gezwungen hatten, brach in der badischen Kavallerie eine Panik aus, die auch die übrigen Kämpfer erfasste und in fluchtartigem Rückzug endete. Die Reste des badischen Revolutionsheeres zogen sich durch den Kraichgau in Richtung Karlsruhe Rheintal zurück. In mehreren weiteren Gefechten – u.a. am 23. Juni bei Ubstadt – konnte der Vormarsch der Preußen verzögert werden.

Die badischen Revolutionäre sammelten sich schließlich in der Festung Rastatt, die – seit dem 30. Juni eingeschlossen – am 23. Juli in hoffnungsloser Lage kapitulierte.

Die Revolutionsregierung hatte sich schon vorher aufgelöst. Zahlreiche Aufständische flohen in die Schweiz oder nach Frankreich, viele von ihnen wanderten in die USA aus. Die Revolution war gescheitert.

Der Schweizer Dichter Gottfried Keller, der als Student in Heidelberg die Ereignisse des Sommers 1849 aus nächster Nähe miterlebt hatte, schrieb: „Ich sah des Sommers helle Glut empörtes Land durchziehn; Sie stritten um das höchste Gut, geschlagen muß das freiste Blut aus hundert Wunden fliehn. Doch jene, die zur Sommerzeit der Freiheit nachgejagt, sie schwanden mit der Schwalbe weit, sie liegen im Friedhof eingeschneit, wo trüb der Nachtwind klagt.“

KarteDie Preußen hatten bei Germersheim den Rhein überschritten und Philippsburg, Wiesental und Waghäusel genommen. Das badische Revolutionsheer rückte von Norden aus Richtung Mannheim heran. Schwerpunkt des Kampfes war die Zuckerfabrik, die die Preußen gegen Mittag räumen mussten und sich aus Philippsburg zurückzogen. Als badische Kavallerie gegen Wiesental eine Attacke ritt, erhielt sie von Südwesten Flankenfeuer, worauf in ihren Reihen Panik ausbrach. Die zurückflutenden Reiter rissen die Infanteristen mit – der zunächst errungene taktische Erfolg verwandelte sich in eine kriegsentscheidende Niederlage.

Gefecht bei Ubstadt am 23. Juni 1849

Angriff auf die ZuckerfabrikDie Abbildung rechts zeigt die badischen Revolutionstruppen beim Angriff auf die von den Preußen gehaltene Zuckerfabrik (im Hintergrund), rechts die Wallfahrtskirche. Im Vordergrund links der Abbildung, hoch zu Ross (mit Schärpe) der Oberbefehlshaber der Revolutionsarmee General v. Mieroslawski. Amand Goegg, der führende Kopf des Aufstandes von 1849 und Finanzminister der Revolutionsregierung, eilte aus Karlsruhe herbei und kommandierte zeitweise die badischen Geschütze.

Preußische ArtillerieDie Abbildung links zeigt die Preußische Artillerie, die zwischen Stettfeld und Ubstadt in Feuerstellung geht (im Hintergrund der Kirchturm von Ubstadt). Das Original Bild in Farbe – aus dem Besitz des Markgrafen von Baden – hing jahrelang im Speisesaal des Offizierheims der Graf-Stauffenberg-Kaseme in Sigmaringen. Im Kampf um Kirche und Friedhof hatten sich mehrere Aufständische im Kirchturm verschanzt, die Preußen stürmten den Turm und warfen einige Revolutionäre aus den Turmfenstern. Eine Attacke der preußischen Ulanen gegen die abziehenden Revolutionskämpfer (an der heutigen B 3) brach im Abwehrfeuer der Aufständischen zusammen.

Preussischer UnteroffizierDie Abbildung rechts zeigt einen preußischen Unteroffizier, dessen Pferd erschossen wurde, im Nahkampf gegen badische Revolutionskämpfer. Er geriet verwundet in Gefangenschaft, wurde im Lazarett der Aufständischen in Bruchsal versorgt und von den Preußen nach der Einnahme der Stadt befreit.

Bedeutung des Gefechts bei Ubstadt am 23. Juni 1849

Durch dieses Gefecht wurde der Vormarsch der Preußen in Richtung Karlsruhe so aufgehalten, dass die von Mieroslawski durch den Kraichgau zurückgeführten Reste des badischen Revolutionsheeres die Hauptstadt und damit den weiteren Rückzugsweg nach Rastatt vor den Verfolgern erreichten. Trotz der taktischen Niederlage im Kampf war somit das Gefecht für die badische Seite ein operativer Erfolg.

Die badischen Revolutionskämpfer hatten sich in Ubstadt hinter Barrikaden verschanzt. Als die Preußen aus Richtung Bad Langenbrücken heranrückten, wurden die nach Stettfeld vorgeschobenen Sicherungsposten zurückgezogen. Zwischen Stettfeld und Ubstadt entwickelte sich ein heftiges Infanteriegefecht, in das auf beiden Seiten auch Geschütze eingriffen. Die Preußen stürmten schließlich Ubstadt und nahmen es nach erbittertem Straßen- und Häuserkampf ein. Eine Attacke preußischer Ulanen auf die in Richtung Bruchsal abziehenden Aufständischen brach in deren Abwehrfeuer zusammen (bei der “Preußensäule” an der B3).

 

Quellen  
Auszugsweise: Beitrag unseres Mitglieds Dr. Waldis Greiselis
http://de.wikipedia.org/wiki/Badische_Revolution

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