Mit dem nachstehenden Beitrag laden wir Sie ein, mit uns auf die Spurensuche der Fürstbischöfe in Ubstadt-Weiher zu gehen. Wir danken allen, die an der Erstellung des Beitrags durch Wort und Bild mitgewirkt haben, insbesondere der Autorin Beate Harder.


 

 Von Beate Harder | April 2021 

Wenn wir mit interessiertem Blick durch die Straßen unserer Gemeinde gehen, werden wir immer wieder Zeugnisse unserer Zugehörigkeit zum Hochstift Speyer finden. Für mehr als 500 Jahre waren die Fürstbischöfe die Herren über die meisten Orte zwischen Bruchsal im Süden und bis kurz vor Wiesloch im Norden.

Das Hochstift Speyer mit seinen Fürstbischöfen übte auch auf unsere Gemeinde einen über 500 Jahre prägenden Einfluss aus. Heute noch findet man die Spuren, so hat sich im Gemeindewappen von Ubstadt-Weiher das Speyerer Kreuz erhalten. Auch jede erbaute Kirche aus dieser Zeit trägt die Handschrift und das Wappen des jeweiligen Fürstbischofs. Zudem findet man auf vielen noch vorhandenen profanen Gebäude wie Zehnthäuser, Keltern und Scheunen die Hinweise auf die ehemaligen Herren.

Bei einem Besuch im Gasthaus „Ritter“ in Weiher fällt die Schildrecht-Urkunde an der Wand auf, mit der die Besitzer im 18. Jahrhundert bereits das Recht zur Führung einer Gaststätte vom Fürstbischof erteilt bekamen.

Beim Spaziergang im Lußhardtwald trifft man auf die Wendelinuskapelle, die nicht ohne Zustimmung des Fürstbischofs erbaut worden wäre. Ebenso ist die Fürstbischöfliche Waldverwaltung für die Errichtung der quadratischen Waldwege verantwortlich.

Im Jahre 1056 gab König Heinrich III. der Bischofskirche Speyer den alten Königshof Bruchsal und dazu das ganze Waldgebiet der Lußhardt. Als das Geschlecht der Herren von Kislau 1237 ausstarb, kam die Burg Kislau mit den angrenzenden Dörfern schließlich auch an das Fürstbistum Speyer. Nach und nach folgten dem die meisten Orte zwischen Bruchsal und Wiesloch.

Ubstadt
Unser 769 erstmals erwähntes „Villa Hubestat“, also Ubstadt, hat einige adlige Besitzer in dieser langen Zeit erlebt. Ein Dorfadel, die „Edlen von Ubstadt“, konnte in zahlreichen Urkunden nachgewiesen werden. Im Jahre 1250 wurden jedoch auch hier die Bischöfe von Speyer die neuen Besitzer.

Das älteste Gebäude in Ubstadt ist das Kelterhaus, 1600 als Bannkelter des Hochstifts Speyer unter Bischof Eberhard von Dienheim erbaut. Bannkelter bedeutet, dass alle Winzer des Ortes verpflichtet sind, ihre Trauben dort zu keltern. Ein verwitterter Wappenstein befindet sich links oberhalb des Eingangs, das silberne Kreuz für das Hochstift, ein schreitender weißer Löwe mit goldener Krone für das Haus Dienheim und ein doppeltürmiges Tor für die Probstei Weißenburg.

Zu sehen ist eine Rekonstruktion von Lothar Gärtner, dem ehemaligen Ortsbaumeister von Ubstadt-Weiher. Das Gebäude diente bis 1998 den Ubstädter Winzern als Kelter und wird heute für Veranstaltungen genutzt.

Bereits seit 1615 liegen Berichte über eine Salzquelle in Ubstadt vor. Bischof Philipp Christoph von Sötern verlieh damals die Salzquelle an einen hessischen Rentmeister. Bei der Brandschatzung Ubstadts 1622, während des 30jährigen Krieges, wurde das Salzwerk jedoch zerstört und in der Folgezeit nicht wieder erwähnt.

Erst Fürstbischof Franz Christoph von Hutten (1706 – 1770), der in ständigen Geldschwierigkeiten war, erhoffte sich durch die Salzgewinnung eine Einnahmequelle und leitete die Sole nach Bruchsal. Im 19. Jahrhundert wurde sie wegen Unrentabilität stillgelegt.

An der Stelle, an der heute die wunderschöne barocke St. Andreas Kirche steht, vermutet man eine Burg aus dem Frühmittelalter. Eine Chorturmkiche wird anschließend 1252 erstmals am selben Ort erwähnt. Die jetzige St. Andreas Kirche wurde zwischen 1729 und 1733 unter Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn erbaut.

Sie hat einen dreifachen Chor, der im rechtsrheinischen Gebiet des Bistums Speyer einzigartig ist. Die Kosten des prachtvollen Drei-Konchen-Chors liefen den Baumeistern davon und das Hochstift weigerte sich zu zahlen. Daraufhin griff Fürstbischof von Schönborn zu drastischen Mitteln, er behielt einfach die jährlichen Zehntfrüchte, die dem Stift zukommen sollten, ein und verkaufte sie, um den Kirchenbau zu finanzieren. Der Streit um die Baukosten wurde 1741 friedlich beigelegt.

Der sich heute noch in der Kirche befindende Taufstein enthält eine ganz besondere barocke Spielerei: Wird der Deckel aufgezogen, senkt sich die Heiliggeisttaube herab und schwebt über dem Taufbecken.

Weiher
Der 4. Juni 1282 bedeutete für Weiher einen großen Wendepunkt in der Geschichte. An diesem Tag erwarb Bischof Friedrich von Speyer von Gottfried von Wilre das Schloß Wilre bei Kislau, von dem heute nur noch ein baum- und grasbewachsener Hügel übrig ist, der Pfarrberg.

Sichtbare Spuren der Fürstbischöfe finden wir jedoch in der St. Nikolaus Kirche, die in den Jahren 1440 bis 1529 auf den Überresten einer älteren, wohl romanischen Kirche errichtet wurde, deren Altar uns heute als „Alter Chor“ erhalten ist.

Die spätgotische Kirche ist mit einem Kreuzrippengewölbe abgedeckt, dessen Schlusssteine die Wappen der Orts- und Burgherren, der Bischöfe Raban von Helmstatt und Georg Pfalzgraf bei Rhein, tragen. Das Helmstattsche Wappen bezieht sich auf Bischof Raban als den Beginner des Baues, während das zweite Wappen den Vollender, Bischof Georg, repräsentiert.

Bischof Raban von Helmstatt, von dem hier immer wieder die Rede ist, studierte übrigens von 1386 bis 1388 als einer der ersten Studenten an der neugegründeten Universität Heidelberg und wurde 1399 zum Bischof geweiht. Das Wirken Bischof Rabans wird von Historikern weniger im Sinne der Kirche, sondern vielmehr als Macht- und Expansionspolitik der Familie von Helmstatt gesehen. Insgesamt stellten die Helmstatts ab dem 15. Jahrhundert 20 Domherren und drei Bischöfe in Speyer und waren damit über lange Zeit eine der einflussreichsten Familien.

In dem schönen, 1737 errichteten Fachwerkgebäude in der Hauptstraße 70 in Weiher wurde der Zehnte aller angebauten Feldfrüchte gelagert. Die Pfarrer des Fürstbistums Speyer waren außerdem Zehntherren für den „Kleinen Zehnt“.

Dazu gehörten alle landwirtschaftlichen Produkte, ausgenommen die Getreidesorten, die dem „Zehnten“ zugerechnet wurden. Diese wurden gleich in Kislau an den fürstbischöflichen Vogt abgeliefert. Dem Ortsgeistlichen war also der zehnte Teil der Ernte an Kartoffeln, Erbsen, Linsen, Hirse, Kraut, Rüben, Hanf und Flachs in natura abzugeben.

Fürstbischof Franz Christoph von Hutten (1706 – 1770) war ein Freund der Jagd und ließ sich in der Hauptstraße 47 in Weiher ein Jagdhaus bauen. Mit seiner eindrucksvollen Toreinfahrt und den Torpfosten mit Gesimsen, die von Steinkugeln gekrönt sind, war es sicher ein barockes Schmuckstück.

An der Giebelseite befindet sich das dreiteilige „Huttenwappen“, das Silberkreuz auf blauem Grund für das Hochstift Speyer, die Tortürme der Probstei Weißenburg und das Oval mit den zwei Schrägstreifen als persönliches Wappen Huttens. Der Bischofsstab als das Zeichen der geistlichen Macht, das Schwert ein Zeichen der weltlichen Macht, gekrönt wird das Wappen vom Fürstenhut.

Das barocke Gebäude wurde 1740 errichtet und besitzt einen mächtigen Gewölbekeller und einen stabilen Eichendachstuhl. Es diente später zunächst als Zigarrenfabrik und anschließend zu weiteren gewerblichen Zwecken. Die wesentlich bekannteren Jagdhäuser findet man heute in Kronau und Forst, wo sie schön restauriert für Gemeindezwecke zur Verfügung stehen.

Nicht zuletzt im Uznamen der Weiherer haben die Fürstbischöfe ihre Spuren hinterlassen:

Der Sage nach verzichtete der Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn eines Tages auf die als Zehnt anstehende Krautlieferung und versprach den Weiherer Bürgern nicht nur das Kraut, sondern auch den Boden, auf dem das Kraut wuchs. Der Boden sollte denen gehören, die das Kraut ernteten. Als die Weiherer allerdings tagsdrauf auf die Äcker kamen, war das Kraut bereits abgeerntet.

Die frohe Nachricht des Fürstbischofs hatte nämlich auch die Nachbardörfer erreicht und die Stettfelder zogen noch in der Nacht los, um das Kraut zu ernten und den Boden für sich zu beanspruchen. Weil die Weiherer aber zu spät zum Krautfeld kamen, nennt man sie seither „Schnecken“ und auch die übereifrigen Stettfelder kamen zu ihrem Namen, den „Krautbäuchen“ oder „Krautköpfen“.

Stettfeld
Unser ältester Ortsteil Stettfeld war bereits in der Römerzeit im 2. Jahrhundert besiedelt und zahlreiche Funde aus dieser Zeit füllen unser schönes Römermuseum.

In Stettfeld, das 1241 an das Bistum Speyer kam, findet man gleichzeitig auch das älteste Gebäude unserer Gesamtgemeinde aus fürstbischöflicher Zeit, die St. Marcellus Kirche. 1356 erstmals urkundlich erwähnt und im gotischen Stil mit Ausrichtung von West nach Ost erbaut.
Heute noch erhalten sind der Turm sowie der alte Chor. 1890 bis 1893 erfolgte die Erweiterung durch ein eingefügtes Langhaus mit Ausrichtung von Süd nach Nord zwischen Turm und altem Chor.

Im ältesten Teil der Kirche, dem Turm, sieht man auf dem schmucken Schlussstein das Wappen des Fürstbischofs Ludwig von Helmstatt (1478 – 1504). Steigt man die eiserne Wendeltreppe zum zweiten Stockwerk hinauf, erkennt man das Wappen des Bischofs Gerhard von Ehrenberg, in dessen Regierungszeit, 1336 bis1363, der Bau der alten Kirche fällt.

Bischof Gerhard von Ehrenberg war der erste Bischof aus dem Kraichgauer Ritterstand und man kann sein Abbild in Bruchsal am Bergfried bewundern. Seine Familie profitierte von der Stellung Gerhards und wurde in Folge zu wichtigen Geldgebern der Könige.

Auch die ehemalige Untere Mühle in Stettfeld gehörte zu den ältesten Gebäuden unserer Gemeinde. 1379 hat Bischof Adolf von Nassau sie dem Unterfaut Heinrich Glatz auf Lebenszeit im Erbstand verliehen.

Nach dem Abbruch 1975 gibt es leider heute dort keine sichtbaren Spuren mehr, lediglich im Wohnhaus-Neubau zeugen zwei Schlusssteine von der jahrhundertealten Mühle.
Als der Besitzer 1714 verstarb und die Mühle zugunsten der unmündigen Kinder verkauft werden sollte, weigerte sich die Kislauer Fautei, dem Verkauf zuzustimmen. Es kam zu einer 14 Jahre dauernden Auseinandersetzung.

Schließlich wandten sich die Erben 1728 mit einem Gesuch an den damaligen Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn. Er ließ sich die Prozessakten vorlegen und bemerkte dazu: „Liebster Gott, ist es möglich, dass die Justiz so viele Jahre können herumdrücken so unsere Leydt dadurch arm gemacht werden. Glaubt man denn an keinen Gott, kein Gewissen und kein Himmel oder Helle mehr. Mein liebster Gott, in was für Zeiten leben wir.“ Nach diesem Donnerwetter dauerte es allerdings noch weitere sechs Jahre, bis die Erben die Mühle als Eigentumsmühle anerkannt bekamen.

1549 wurde zur Einbringung der Zehnteinkünfte in Stettfeld ein Zehnthof erbaut und dazu ein Zehntschaffner bestellt. Die Zehntscheune mit Kelter und mächtigem Gewölbekeller wurde auf dem heutigen Anwesen „Marcellusplatz 7“ errichtet.

Über dem Kellerabgang befindet sich u.a. ein Wappen des Bistums Speyer. Der Zehnt floss bis zur Auflösung des Hochstifts Speyer im Jahre 1803 an die Domküsterei in Speyer.

Zeutern
Unser schönes Zeutern wurde am 12. November 1241 als Speyerer Besitzung durch Bischof Conrad von Speyer beurkundet.

Und auch in Zeutern ist die Kirche das älteste Gebäude aus fürstbischöflicher Zeit. Erste urkundliche Erwähnung erfuhr die St. Martins Kirche im Jahre 823, damals vermutlich ein reiner Holzbau. Im 12. Jahrhundert wurde eine romanische Kirche aus Sandstein gebaut.

Die gotische Kirche entstand im Jahre 1409 unter Bischof Raban von Helmstatt, dessen Wappen man im Chorturm findet. Der alte Altarraum ist mit wertvollen Fresken aus dem 15. Jahrhundert mit Szenen aus der Heiligen Schrift ausgeschmückt.

In Zeutern, ganz versteckt im Hinteren Gässchen, der Oberdorfstraße 76, steht ein zweigeschossiges Wohnhaus mit Krüppelwalm und schmuckem Fachwerk. Typisch ist die große Toreinfahrt mit Pforte. Das Giebelhaus ist auf das Jahr 1719 datiert und sehr gelungen renoviert.

Im Hof des Anwesens ist das Bruchstück eines Speyerer Bischofswappens eingemauert. Man vermutet, dass hier früher eine bischöfliche Schafscheuer gestanden hat. Auf die Verwendung als Schafscheuer weist auch ein Stein mit einem Lamm hin, der im angrenzenden Gebäude eingelassen ist.

In der Oberdorfstraße 1 in Zeutern findet man ein zweigeschossiges, massives Barockhaus mit durchlaufenden Eckpilastern und Walmdach aus dem Jahre 1750. In der Rundnische zwischen den Fenstern des Obergeschosses steht eine barocke Madonna mit Kind, im Schlussstein darüber sieht man das Kreuz des Speyerer Bistums. Hier war das Rentamt des Hochstifts Speyer, wo der Zehnte eingezogen, Gülten und Steuern verwaltet wurden.

Soweit unsere Streifzüge durch die Straßen unserer Gemeinde. Und auch in Zeutern hatte die Abgabe des fürstbischöflichen Fronzehnten zur Entstehung des Uznamens beigetragen.

Die Sage berichtet, dass, als wieder einmal der Tag der Abgabe des fürstbischöflichen Fronzehnten nahte, die Gesandten des Fürstbischofs besonders freundlich empfangen wurden und nicht nur das Fass randvoll gefüllt wurde, sondern auch die Fuhrleute. Der Kutscher und seine Begleiter schliefen auf der Heimfahrt bald einer nach dem anderen ein und ließen die Pferde ihren Weg allein finden.

Die Zeuterner Bürger hatten sich unterdessen mit einem eigenen Fuhrwerk und einem leeren Fass auf die Verfolgung der Bediensteten des Fürstbischofs gemacht. Mit Schläuchen füllten sie eilig den guten Wein in ihr eigenes Fass und kehrten schleunigst um, ohne vergessen zu haben, den Fassspund zu öffnen. Das rätselhafte Verschwinden des Weins hat die Zeuterner zu „Weinschläuchen“ gemacht.

Vielen Dank liebe Leser, dass Sie mit uns auf die Spurensuche gegangen sind. Vielleicht schauen Sie bei zukünftigen Spaziergängen durch die Ortschaften unserer Gemeinde nun mit anderen Augen auf die zahlreichen Hinweise und Relikte unserer Vergangenheit.

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