In dem uns zur Verfügung gestellten Tagebuch des Weiherer Bürgers Paul Simon I sind auch Wetteraufzeichnungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts enthalten.
Für das Jahr 1911 weiß er folgendes zu berichten:
„Das Jahr 1911 war ein sehr, sehr trockener und heißer Jahrgang. Im Hochsommer regnete es Wochen nicht einen Tropfen. Den ältesten Leuten gedenkt nicht so ein Sommer, Hopfen gab es infolge der Trockenheit rundweg gar keine, Futter sehr wenig. Der Preis der Hopfen betrug 3 – 4 Mark der Zentner. Bis zum 19. Januar war es sehr gelinde, das Futter war noch grün, so dass der Bauer noch holen konnte.
Am 16. Nov. 10.25 Uhr abends war bei uns ein sehr starkes Erdbeben, welches 15 – 20 Minuten anhielt. Kein Mensch wusste im Moment was los ist. Die Gelehrten sagen es wäre von der großen Hitze im Sommer. Wieder andere sagten, der Bodensee hätte sich gesenkt und davon wäre dieses schreckliche Unglück gekommen. Und manche Leute haben es verschlafen. Aber für die, welche es bemerkt haben, war der Schrecken groß. Es war im badischen Land und noch weiter spürbar.“
Zur Info: Die zuvor seit Jahrhunderten nahezu inaktive Albstadt-Scherzone, die sich in Nord-Süd-Richtung durch die Schwäbische Alb zieht, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts reaktiviert und führte im November 1911 zum stärksten Erdbeben Mitteleuropas seit über 150 Jahren. Das erste große Albstädter Erdbeben mit Magnitude 6.1 führte auf der Alb zu erheblichen Schäden an Häusern und Burgen. Erdrutsche wurden ausgelöst, zahlreiche Menschen erlitten Verletzungen. Es ist nach dem Dürener Erdbeben das zweitstärkste historische Erdbeben auf deutschem Staatsgebiet und war in weiten Teilen der heutigen Bundesrepublik zu spüren, ebenso in weiten Teilen des Alpenraums. Die mit diesem Beben begonnene Aktivitätsphase an der Albstadt-Scherzone setzt sich bis heute fort. Zwei weitere starke Erdbeben in den Jahren 1943 und 1978 ereigneten sich nördlich des 1911-Epizentrums. Seitdem werden fast jedes Jahr mehrere spürbare Erdbeben verzeichnet, deren aktueller Schwerpunkt nördlich von Albstadt liegt.
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