Von Karl Simon

In Süddeutschland Ölarbeitererschien um das Jahr 1920 ein in der Tiefbohrtechnik erfahrener Mann namens Dr. Anton Raky aus Salzgitter. Er hatte geologische Sachverständige dabei. Diese Gruppe von Ölsuchern ließ sich für das Gebiet nördlich von Bruchsal eine staatliche Bohrkonzession erteilen. Die eingehende Erforschung der geologischen Schichtenstruktur ließ die Vermutung zu, dass die bekannten elsässischen Erdölvorkommen bei Pechelbronn, rechts des Rheins, also in Baden, wahrscheinlich eine Fortsetzung oder zumindest Ausläufer haben würden. Dr. Raky fand schon bei seiner ersten Bohrung nördlich von Bruchsal im Gewann Fautenbruch, östlich der Eisenbahnlinie Karlsruhe-Heidelberg, ölführende Schichten, und es kam zu einer schwachen aber stetigen Produktion. Von hier aus bewegten sich die Bohrungen nach Westen auf das Dorf Forst zu. Neben den Tiefbohrungen wurde ein ausgedehntes großzügiges Schürfprogramm abgewickelt, das wesentliche Erkenntnisse über den Aufbau des Rheintalgrabens zwischen Karlsruhe und Heidelberg erbrachte.

MaschinenraumIm Jahr 1925 endete die erste Periode der Aufschlusstätigkeit im Bruchsaler Ölgebiet. Bis dahin war das Gebiet nördlich von Bruchsal als tatsächlich ölhaltiger Bereich im ganzen rechtsrheinischen Rheintal festgestellt. Dann wurden die Untersuchungen 9 Jahre ausgesetzt. Die Fa. Raky ging 1934 infolge Fehlbohrungen und Misserfolgen in Konkurs, noch bevor eine Förderung in größerem Umfang hatte aufgenommen werden können. Der Wunsch der neuen „Reichsregierung“, von Erdöllieferungen aus dem Ausland in größerem Maße unabhängig zu werden, führte ab 1934 zu einer intensiven Suche nach weiteren Lagerstätten. Die Fa. Hermann von Rautenkranz, Internationale Tiefbohr AG, Celle (Itag) nahm die Untersuchungen im Rahmen des „Reichsbohrprogramms“ wieder auf. Die NS-Reichsregierung hat für die weitere Erschließung der heimischen Bodenschätze auch für wissenschaftliche Aufschlussbohrungen nach „Deutschem Erdöl“ Millionendarlehen zur Verfügung gestellt. Es lag nahe, dass die „Erste Süddeutsche Reichsbohrung“ nördlich von Bruchsal angesetzt wurde.

ÖlarbeiterDie Fa. Dr. Raky, die für Baden Pionierleistung erbracht hat, hat ihre Bohrkonzession 1934 an die Itag abgetreten. Durch die Flachbohrungen Dr. Rakys war u. a. auch erkannt worden, dass östlich des Dorfes Weiher eine Scholle liegt, die auf Ölvorkommen schließen ließ. Deshalb wurden von der Fa. Itag weitere Bohrungen bei Weiher niedergebracht, und man wurde im Schilfsandstein wirtschaftlich produktiv. Die Itag arbeitete von nun an mit ihren in der norddeutschen Heide, in Rumänien, in Argentinien und anderen Staaten gemachten Erfahrungen und Bohrpraxis auf Feldern bei Forst und Weiher verstärkt weiter. Hohe Bohr- und Fördertürme prägten das Landschaftsbild. In deren Umgebung roch es stark nach Erdöl. Die Verwaltung und die Bohrleitung, die in Ubstadt im „Grünen Hof“ beim Bahnhof Ubstadt-Ort von Dr. Raky eingerichtet worden war, wurde von der Itag übernommen.

ÖlarbeiterIn den Feldern bei Forst und Weiher wurde vor, während und nach dem 2. Weltkrieg Erdöl gefördert. Für Männer aus Forst, Weiher und der Umgebung gab es beim sogenannten „Bohrwerk“ Arbeit und Brot. Es waren Arbeitsplätze mit besonders guten Verdienstmöglichkeiten gegeben. Die Männer im Bohr- und Förderbetrieb waren vom Dienst in der Wehrmacht als „UK-Gestellte“ (Anm.: unabkömmlich) befreit. Das heimische Gewerbe erhielt zahlreiche Aufträge. Aber auch die Gemeindekassen profitierten von der Erdölförderung. Ihnen flossen beträchtliche Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu. Das in den Feldern bei Forst und Weiher gewonnene Erdöl wurde über Rohrleitungen von den Förderstellen zu Verladestellen gepumpt. Ölverladestellen mit Tanks waren an der Nebenbahnlinie Ubstadt-Ort – Bruchsal und an der Eisenbahnstrecke Karlsruhe – Heidelberg nördlich vom Bahnhof Ubstadt-Weiher vorhanden.

ÖlfördertürmeDie Erdölförderanlagen bei Forst und Weiher waren in den letzten Monaten des 2. Weltkriegs fast täglich den Angriffen westalliierter Jagdbomber ausgesetzt. In den Jahren von 1935 bis 1960 wurden in den Bohrfeldern von Forst und Weiher nach einer Statistik des niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung (früher Reichsamt für Bodenforschung) in Hannover insgesamt 95.853 Tonnen Erdöl gefördert. Im Herbst 1960 wurde die Ölförderung bei Forst und Weiher eingestellt, weil die Ölvorkommen erschöpft waren.

ÖlverladestationAls Zeugnis der Erdölbohrungen blieb bei Weiher im Gewann „Alte Häuser“, ostwärts der Bahnlinie Karlsruhe – Heidelberg, eine Quelle übrig, aus der heute noch Schwefelwasser quillt. Die Leute sahen zu jener Zeit, als das Schwefelwasser noch aus einem Rohr herauslief und abgefüllt werden konnte, dies als eine Art Heilwasser an. Obwohl das Schwefelwasser nach faulen Eiern roch, wurde es auch getrunken oder wurden schmerzende Körperteile darin gebadet. Nachdem die Ölförderung eingestellt war, verschwanden auch bald die Pumpstationen von den Feldern. Nur alte Fotos erinnern noch an diese Epoche.

 

Quellen
Dokumentation: Mit freundlicher Genehmigung unseres Mitglieds Karl Simon
Archiv: Gemeindeverwaltung Forst
Dokumente: Gemeindeverwaltung Forst; Herr Winfried Holzer, Weiher
Fotos: Gemeindeverwaltung Forst; Herr Winfried Holzer, Weiher
Repros: Karl Simon, Weiher, Ubstadt-Weiher den 08.03.2005

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