Bei unseren Kerweausstellungen in der Mehrzweckhalle in Weiher wurden wir immer wieder nach der Entstehung der Großintarsie „Alt-Weiher“ gefragt, die im Eingangsbereich der Mehrzweckhalle in Weiher hängt. Wir freuen uns, dass uns unser Mitglied Arnold Barth aus Ubstadt deren Entstehungsgeschichte aufgeschrieben hat und bedanken uns dafür sehr herzlich bei ihm auch für die schönen Fotos!

Hier sein Bericht:

Mein Vater Bertold Barth (2014 verstorben), Schreinermeister und späterer Berufsschullehrer für das Schreinerhandwerk, hat sich schon in früher Jugend für die Intarsienkunst interessiert und bereits 1945 seine ersten Bilder, die Wiesenkapelle und die Weiherer Wendelinuskapelle gefertigt. Danach folgten viele weitere Bilder. Seit 1950 hat er viele Ausstellungen regional und überregional im Schloss Ettlingen, in Bonn und in Bad-Füssing gestaltet. Mich konnte er bereits 1976 für diese Kunst begeistern und mir die Techniken weitergeben. Gemeinsam haben wir in Ausstellungen unsere Werke dem interessierten Publikum gezeigt. So u.a. mit der Künstlergruppe „Aktion 85“ in Bruchsal, bei Hobby-Ausstellungen in Ubstadt und 1992 in der alten St. Martin Kirche in Zeutern.

Die Intarsie als Ausdruck lebendigen Kunstschaffens ist über 3000 Jahre alt. Man versteht unter der Bezeichnung Intarsia im Allgemeinen Einlegearbeiten in Holz. Die Intarsia diente von Beginn an dem Schmuck und der Verzierung von aus Holz gefertigten Gebrauchsgegenständen. Die Kunst der Intarsia lebt vom Werkstoff – vom Holz – heutzutage in Form des Furniers.

Um 1985 entstand bei meinem Vater die Idee für die Stadt Bruchsal eine Großintarsie zu schaffen, in der wichtige und schöne, am 1.März 1945 zerstörte Gebäude dargestellt und erhalten werden sollten. In Zusammenarbeit mit der historischen Kommission der Stadt, wurden die Gebäude ausgewählt und gemeinsam haben wir die Intarsie gefertigt. Viele der Zeichnungen und Vorlagen hat mein inzwischen verstorbener Bruder Norbert gezeichnet.

Nachdem die Großintarsie „Alt-Bruchsal“ der Stadt Bruchsal 1988 übergeben werden konnte, entstand die Idee, auch für die Heimatgemeinde Ubstadt-Weiher ein Werk zu schaffen, das ein Teil der Geschichte und der historischen Veränderungen, insbesondere auch für die Jugend dokumentiert und erhält.

Im November 1993 erfolgte dann das Angebot an die Gemeinde Ubstadt-Weiher.

Nach den Ideen von meinem Vater und mir, sollten in der Großintarsie als Hintergrund der erste bekannte Lageplan von Weiher aus dem Jahre 1784, ergänzt mit dem Lageplan des Pfarrbergs dokumentiert werden. In diesen Hintergrund sollten in etwa ihrem ehemaligen Standort entsprechend eine Auswahl von historischen und typischen Weiherer Gebäuden mit Fachwerk und überdachten Einfahrten die heute zum größten Teil nicht mehr existieren dargestellt werden. Ferner sollten Symbole wie: – Wappen von Berchtrada/Markward. Grabfunde aus der Römerzeit; Grenzstein von Weiher; ehemaliger Forlenbuckel; Symbole der Landwirtschaft wie Hopfen-, Tabak- und Spargelanbau symbolisiert und integriert werden.

Für die Planung, Konzeption und Fertigstellung wurde (nach der Erfahrung von Bruchsal) ein Zeitraum von 1,5 bis 2 Jahre veranschlagt.

Alt-Weiher

Das Konzept wurde durch die Gemeinde genehmigt und mit folgenden Darstellungen realisiert.

  1. Ölbohrturm – um Weiher standen viele dieser Bohrtürme
  2. Wiesenkapelle (idyllisch versteckt bei den Kleintierzüchtern)
  3. Dorfzeichen der Gemeinde Weiher
  4. Grundriss des Pfarrberg (hier stand ehemals eine Burg)
  5. Typisches Fachwerkhaus (Gärtner/ Krämer), Hauptstraße gegenüber Schuhhaus Holzer
  6. Ehem. Festplatz mit Turnerzeichen (Hauptstraße/Unterdorf)
  7. Pfarrberg um 1940 (Mit Siegel der Markward von Wilre und Grabfunde der Urnenfelderzeit)
  8. Ehem. Gasthaus Krone (hier war später die „Kinderschule“)
  9. Typisches Weiherer Haus (Habich/Bellm/Barth Brunnenstraße)
  10. Alte Kirche von Weiher nach einer Zeichnung von 1826
  11. Pfarrhaus mit Pfarrgarten Ansicht um 1907
  12. Ehem. Haus mit überdachter Einfahrt Herzog (der Förster) Hauptstraße
  13. Ehem. Zigarrenfabrik – Albert Böser im „Stickl“
  14. Ehem. Haus – Josef Barth (der Waldschütz) neben ehem. Gasthaus Rose
  15. Ehem. Lehrerwohnhaus (Eingang-Schule)
  16. Ehem. Haus Gregor Eiser (Friseur) neben Gasthaus Hirsch heute Zahnarztpraxis
  17. Ehem. Bäckerei Herzog, Hauptstraße
  18. Ehem. Haus Gisy früher Ecke Hauptstraße/Hirschstraße
  19. Ehem. Rathaus und Schulhaus (heute steht hier die Mehrzweckhalle)
  20. Ehem. „Milchhäusel“ und Feuerwehrgerätehaus
  21. Ehem. Geschäft Glasers/Knöbel, Hirschstraße
  22. Ehem. Fachwerkhaus – Valtin Etzkorn / Alois Bader
  23. Ehem. Haus mit überdachter Einfahrt – Ferdinand Wippel
  24. Ehem. Fachwerkhaus mit überdachter Einfahrt und Schaufenster – Linus Böser, Hirschstraße
  25. „Forlenbuckel“ ehem. Wahrzeichen-Weiher nach einer Fotografie um 1940
  26. Alter Friedhof in der Hirschstraße
  27. Wendelinuskapelle Wallfahrtskapelle in der Lußhardt

Bertold Barth bei der ArbeitMein Vater und ich gingen mit der „künstlerischen und gestalterischen Freiheit“ frisch ans Werk (siehe Foto mit Bertold Barth). Auch hierbei hat uns mein Bruder Norbert mit Zeichnungen und Skizzen unterstützt.

Als „Arbeitsplatz“ diente das ehemalige Wohnzimmer meiner Großeltern in der Forster Straße in Weiher.

In ca. 3.000 Stunden Arbeit, das waren viele Wochenenden und Abende, entstand diese Großintarsie.

Die technische Fertigung wurde ausschließlich in Schnitttechnik realisiert, das heißt die Furniere werden mit einem speziellen Messer geschnitten und die Einzelteile zu einem Bild gestaltet. Die zusammengefügten Furnierteile wurden unter der Presse auf eine Trägerplatte geleimt. Die Umrisse wurden ausgesägt und auf zwei Einzelplatten zur endgültigen Form zusammengefügt. Die Oberfläche wurde danach vorsichtig und fein geschliffen. Zum Schluss wurde mehrfach ein Lack aufgetragen, so dass, wie bei einem Möbelstück eine glatte und pflegbare Oberfläche entstand. Die Fertigstellung erfolgte dann unter Mithilfe durch meinen Onkel Meinhard in der ehemaligen Schreinerei Barth, in meinem Geburts- und Elternhaus, in Weiher, in der Forster Straße (s. Foto).

Fertigstellung in der ehem. Schreinerei BarthDie Intarsie haben wir dann am 29. September 1996 im Eingangsbereich der Mehrzweckhalle in Weiher montiert.

Finanziert wurde die Intarsie durch die Gemeinde sowie durch den Männergesangverein 1876 Weiher e.V. und den Musikverein Weiher e.V., welche die Materialkosten hälftig bezahlt haben.

In einer Feierstunde wurde die Großintarsie in Anwesenheit der Gemeindevertreter, Vertreter der Vereine und vieler interessierter Ubstadt-Weiherer Bürger übergeben.

Wir wollen, wie mein Vater damals sagte, mit diesem Werk vor allem ehemalige Gebäude und die Geschichte des Ortsteils Weiher, insbesondere auch für die Jugend, dokumentieren und erhalten, denn: „Menschen ohne Vergangenheit, sind Menschen ohne Zukunft!“.

Aufgeschrieben von Arnold Barth, Ubstadt im April 2019.

Nochmals herzlichen Dank für diesen Bericht an unser Mitglied Arnold Barth!

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