Von Maria Staudt | Juni 2020
Stettfelder Jungfrauenkongregation in der Zeit von 1952 bis 1960
Im 16. Jahrhundert gründete der Jesuitenpater Jean Leunis am Collegium Romanum die Marianische Kongregation als Vereinigung männlicher Laien. Diese wurde 1584 von Papst Gregor XIII. bestätigt. Ihre Mitglieder machten es sich zur Aufgabe, ihren Lebensalltag entlang den Anweisungen des Hl. Ignatius von Loyola zu verwirklichen. Die Kongregationen waren dabei zumeist an Pfarreien, Schulen oder Universitäten angesiedelt. Zur Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden die Marianischen Frauen-Kongregationen, die ausschließlich weiblichen Mitgliedern offenstanden (Quelle: Baden-Württembergisches Landesmuseum).
Ziele der Marianischen Jungfrauenkongregationen waren die sittlich-religiöse Unterweisung, das gesellige Beisammensein sowie die Durchführung von Theateraufführungen und Wallfahrten. In den 1960er Jahren lösten sich die meisten Jungfrauenkongregationen auf.
Im Buch „Stettfeld – 2000 Jahre Geschichte“ (Seite 205 – 206, Kapitel „Kirchliche Organisationen und Vereine im 19. und 20. Jahrhundert“) ist zu lesen, dass die Stettfelder Jungfrauenkongregation im Jahr 1917 gegründet wurde. „Bei ihr dürfte sich in das primär religiöse Motiv auch ein soziales gemischt haben, ging es doch nicht nur um das gemeinsame Gebet, sondern auch um die Betreuung der schulentlassenen Mädchen, die die Zielgruppe der Vereinigung bildeten. Immerhin wurde beispielsweise genau Buch geführt, wer bei jeder einzelnen der Monatsandachten fehlte. Bis in die Weimarer Republik hinein scheint die Mitgliedschaft weit verbreitet gewesen zu sein. Eine Liste von 1924/25 nennt 47 Namen und 1929/30 gab es jeweils am Schuljahresende fünf bzw. neun Neuaufnahmen. Eine Attraktion dürfte auf jeden Fall das gemeinsame Theaterspiel gewesen sein.“
Die Präfektinnen waren immer unverheiratete Frauen. Um 1940 bis zur Auflösung der Jungfrauenkongregation Anfang der 1960er Jahre wurde diese von der Jungfrauenpräfektin Frau Gertrud Schuhmann und deren Stellvertreterin Frau Erika Bauer geleitet. Davor könnte es lt. älteren Zeitzeugenberichten vermutlich Frau Rosa Seiferling gewesen sein.
Nach dem Abschluss der Volksschule traten viele junge Mädchen der Vereinigung bei. Die Mitglieder setzten sich damit die Marienverehrung zum Ziel. Mit der Aufnahme weihten sich die Mädchen der Gottesmutter und gelobten, dass sie als Gemeinschaft zusammenstehen und sich für ein Allgemeinwohl einsetzen wollen.
Außerdem sollten die Mädchen rein und unberührt in die Ehe eintreten. Die Aufgabe der Leiterinnen war, die Mädchen auf dem Weg zu diesem Ziel zu begleiten und zu führen. Ihr Erkennungszeichen bei besonderen Anlässen, wie der Fronleichnams-Prozession oder der Prozession zum Rosenkranzfest, war ein himmelblaues Seidenband mit einer Muttergottesmedaille, das sie um den Hals trugen. Das von Luise Simon geb. Willhauck zur Verfügung gestellte Foto zeigt den in Stettfeld geborenen Pallottinerpater und Oberstudienrat Bernhard Braun † (vom Privatgymnasium St. Paulusheim in Bruchsal vor der Marcelluskirche (vermutlich bei der Fronleichnamsprozession um 1975). Die Himmelträger sind vorne links Otto Willhauck †, vorne rechts Martin Kröll †, hinten links Gregor Woll † und hinten rechts Gerhard Mönig †. Die zwei Ministranten sind vorne links Hans Mayer und rechts Thomas Baumann.
Auf der Medaille war das Bildnis der Jungfrau Maria zu sehen und die Schrift zu lesen „Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen!“ (siehe Foto). Die Mädchen achteten auch darauf, dass sie so gut es ging einheitlich gekleidet waren (helle Bluse, dunkler Rock). So konnten sie sofort als Gruppe der Jungfrauen bei den Prozessionen erkannt werden. Auch eine große Muttergottesstatue auf einer Tragekonstruktion mit vorne und hinten je zwei Griffen und einem separaten Gestell, worauf man jederzeit die Statue abstellen konnte, waren in ihrem Besitz. Diese Figur wurde von vier, das Gestell von zwei Jungfrauen getragen. Die Prozessionen gingen über die Schulstraße (seit Gemeindefusion mit Ubstadt-Weiher Marcellusplatz), Hauptstraße (heute Schönbornstraße), Weiherer Straße (heute Lußhardtstraße) und wieder zurück zur Kirche. Voraus gingen Ministranten mit Kreuz und Fahnen, darauf folgten die Kindergarten- und Kommunionkinder. Im Anschluss Ministranten und vier Himmelträger, unter dem Himmel ging der Pfarrer mit der Monstranz. Danach kamen die Männer, der Kirchenchor, die Jungfrauen mit der Muttergottesstatue und zuletzt die Frauen.
Bei ihren monatlichen Versammlungen beteten sie zur Muttergottes und sangen Marienlieder. Diese Zusammenkünfte wurden von Pfarrer Peter Weibel während seiner Zeit in Stettfeld von 1943 bis 1964 geleitet und auch von ihm durch Vorträge und Ansprachen bereichert.
Am zweiten Weihnachtstag konnte man jedes Jahr die schönen Theaterveranstaltungen der Jungfrauenkongregation besuchen. Diese Aufführungen fanden im großen Saal des St. Josefshauses in Stettfeld statt, der sich im unteren Stockwerk befand. Außerdem wurden von Pfarrer Weibel jährlich Wallfahrten, auch für die Allgemeinheit, z. B. zu den Marienwallfahrtsorten Maria-Einsiedeln in der Schweiz und Altötting in Oberbayern, unternommen.
Von den Jahrgängen, die ab 1952 aus der Volksschule entlassen wurden, traten kaum noch junge Mädchen der Jungfrauenvereinigung bei. Die Mitgliedschaft endete mit deren Heirat. Nach der Trauung wurde der Braut auf der Treppe vor der Marcelluskirche im Namen der Kongregation von einem jungen Mädchen mit einem Kränzchen auf dem Kopf ein Gedicht aufgesagt und eine Heiligenlegende überreicht. (Anm.: Bei ihrer Heirat bekam die Verfasserin von Pfarrer Weibel als kleines Dankeschön für das Theaterspielen eine von ihm signierte Heiligenlegende überreicht, die sich noch heute in ihrem Besitz befindet.) War aber die Braut zu dieser Zeit bereits guter Hoffnung, wurde ihr dieses Buch verwehrt. Die Mitglieder wurden mit der Zeit immer weniger und die Jungfrauenkongregation musste aus Mangel an Mitgliedern Anfang der 1960er Jahre aufgelöst werden. Als Pfarrer Hubert Debatin 1965 die Pfarrei Stettfeld übernahm, gab es in der Pfarrgemeinde keine Jungfrauenkongregation mehr.
Dank der Recherchen von Margaretha Braun geb. Riedinger und Cäcilia Ketterer geb. Hammer, die früher eine der vier Trägerinnen war, konnte die Muttergottesstatue der Jungfrauenkongregation ausfindig gemacht werden. Sie steht am Seiteneingang der Marcelluskirche in Stettfeld. Es ist eine große Statue mit einem roten Herzen auf der Brust (siehe Foto). Vor der Aufstellung wurde sie noch, wie die meisten Statuen in der Kirche sowie auch das Kreuz außerhalb der Kirche, von Malermeister Bruno Deutsch aus Stettfeld ehrenamtlich, fachmännisch und aufwändig von Meisterhand restauriert.
Für weitere Recherchen zur Jungfrauenkongregation in Stettfeld danke ich noch den ehemaligen Mitgliedern der Jungfrauenkongregation Gertrud Grupp geb. Pfeiffer, Edith Löffler geb. Bachert, Suse Seiferling geb. Kröll und Luise Simon geb. Willhauck.
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