Von Günter Meier | August 2020
Heutzutage sind für die Ernte in aller Regel nur noch zwei Personen erforderlich: Eine sitzt auf dem Mähdrescher, die andere fährt den Traktor. Und innerhalb kürzester Zeit sind große Flächen abgeerntet, Getreide und Stroh versorgt. Viele von uns erinnern sich aber sicher noch an die Zeit der Dreschmaschine, die einen großen, technischen Fortschritt darstellte, aber immer noch viele helfende Hände benötigte. Aufgabe der Männer war es, das reife Getreide mit der mit einem „Reff“ (sorgte dafür, dass die Halme in einer Reihe zu liegen kamen) bewehrten Sense zu mähen (s. Foto).
Die Frauen nahmen das Getreide mit Hand und Sichel auf und legten es auf die von den Kindern ausgelegten „Ärnschdrigglen“ (Erntestricke – farbige, an einem Ende mit einem runden Hölzchen versehene Stricke, s. Foto).
Da man damals noch mehr barfuß ging als heute, war es durchaus üblich, dass die Kinder diese Arbeit auch barfuß auf den Stoppeln erledigten. Hornhaut war ja genug da. Die Männer banden das Getreide zu „Buscheln“ zusammen und stellten es zu „Indianerzelten“ zusammen, denn als solche betrachteten sie die Kinder und versteckten sich gerne darin. Sollte es kurz vorher geregnet haben, verblieb das Getreide noch zum Trocknen auf dem Feld, ansonsten wurde es aufs Fuhrwerk geladen und zur Dreschmaschine gefahren, wo man sich oft in eine oft lange Schlange von bereits Wartenden einzureihen hatte. War Regen angesagt, so wurde zunächst die häusliche Scheune angefahren, um besseres Wetter abzuwarten. Und irgendwann war man der Nächste an der Dreschmaschine. Die Arbeiten an und auf der Dreschmaschine hat unser Mitglied Heinz Neuthard in seinem Beitrag „Ernte dazumal in Weiher“ ausführlich beschrieben. Hierauf darf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
„Am 20. ist Margaret, wo überall die Ernt´ angeht.“ Diese alte Bauernregel gilt für den 20. Juli, dem Namenstag der heiligen Margaret, eine der 14 Nothelfer. Die Ernte begann, wenn das Wetter mitmachte. Ob groß oder klein, vom Großvater bis zum Enkel, alle mussten mithelfen die Ernte unter Dach und Fach zu bringen…
Nebenbei: Welchen Spaß hatten die Kinder, nachdem das Dreschen beendet war, verbotenerweise die Dreschmaschine zu erklimmen und mit einem Anlauf in den weichen, aus Gsied bestehenden Hügel zu springen. Allerdings war es zu Hause meist noch die geringere Strafe, wenn man hernach lediglich in stundenlanger Handarbeit die Spelzen und Grannen (s. Foto) aus den eigenen Klamotten pulen musste.
Die Kornsäcke und das Stroh wurden nach Hause gefahren, das Stroh in der Scheune eingelagert und das Korn in der Regel auf den Speicher getragen, dort aus den Säcken geleert und gelegentlich zur Vermeidung von Schimmelbildung „gerührt“. Bei Bedarf wurde es zur Mühle gebracht, dort verkauft oder aber gegen „Brotmehl“ eingetauscht.
Niemand wird sich aber noch an die Zeit erinnern, als es noch keine Dreschmaschinen gab, sondern nur mit Dreschflegeln gedroschen wurde. Ich habe natürlich diese Zeit auch nicht mehr erlebt, doch habe ich auf Bitten des inzwischen verstorbenen Herrn Karl-Heinz Hentschel aus Durlach an einer Umfrage zum Thema Dreschen mitgewirkt, bei der nur Personen interviewt werden sollten, die das 90. Lebensjahr überschritten hatten. Da die Befragung im Jahr 1986 erfolgte, war dieser Personenkreis ausnahmslos noch im 19. Jahrhundert geboren, hatte also aus eigener Anschauung das Dreschen mit Dreschflegeln miterlebt. Das Ergebnis dieser Befragung hat Herr Hentschel in einem Beitrag für die Zeitschrift „Hierzuland“ (Dreschen und Dreschtaktsprüche, Heft 2/4, 1987, S. 5 – 8) niedergeschrieben. Die Befragung wurde anhand von Fragebögen durchgeführt, die dann Herrn Hentschel übersandt wurden.
Aber nun wieder zurück zum Thema. Das Getreide wurde damals ausnahmslos in die Scheune eingebracht und dort auf der Tenne gedroschen. Zu diesem Zweck wurden in der Regel zwei Reihen von Halmen gebildet, wobei die Ähren jeweils mittig zu liegen kamen. Diese Form nannte man in allen vier Ortsteilen (wie übrigens in vielen anderen Gemeinden auch) das „Sammet“. Dieses Sammet wurde nun von den Dreschern bearbeitet in der Form, dass sie mit den Dreschflegeln darauf einschlugen, jedoch „mit Gefühl“. Zum einen sollte ja die „Spreu vom Weizen“ getrennt werden, zum anderen aber auch nicht die Körner zerschlagen werden. Die Drescher, meist zwischen 4 – 6 Männer, sollten sich im Übrigen mit ihren Dreschflegeln nicht ins Gehege kommen, d. h. es war nötig, dass in einem bestimmten Takt zugeschlagen wurde. Die Reihenfolge wurde vorher festgelegt, in Stettfeld, Ubstadt und Zeutern wurde nach Aussage der Befragten lediglich durchgezählt, also jedem Drescher wurde eine Zahl zugewiesen, die er anzusagen hatte. Dieses „eins, zwei, drei“ usw. war die einfachste Form eines Taktspruches und ist so auch in dem oben erwähnten Beitrag von Karl-Heinz Hentschel festgehalten. Es sei dahingestellt, ob es nicht auch noch andere Taktsprüche gab, die jedoch dem Vergessen anheimgefallen sind. In Weiher erinnerte sich im Interview der damals über 90 Jahre alte, inzwischen verstorbene, Herr Hermann Händel (Schreinerei Händel in der Hauptstraße) noch sehr gut an Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Dreschen mit Dreschflegeln. Als Taktsprüche konnte er nennen: Bei drei Dreschern: „Schnitt ins Brot“, bei sechs Dreschern: „Schnitt ins Brot o-der Tod“. (Nach Redaktionsschluss des Aufsatzes in „Hierzuland“ nannte Herr Händel noch für vier Drescher den Taktspruch: „Ohn‘ Brot groß‘ Not“.).
Gedroschen wurde in allen vier Ortsteilen in der Zeit zwischen September und Dezember, aber auch noch im Januar. Wer in Weiher allerdings im Februar noch nicht gedroschen hatte, dem wurde an Fasnacht Gsied über das Hoftor geblasen, wobei Herr Händel berichtete, dass nach dem eigentlichen Dreschen, noch die Spreu von den Körnern getrennt werden musste. Er benutzte damals den Ausdruck „gewindmühlt“, wohl eine Einrichtung mit der eine Art Gebläse diese Trennung verrichtete. In allen vier Ortsteilen jedenfalls wurde bei windigem Wetter auf der Tenne Durchzug geschaffen und das Gemisch von Spreu und Getreide mit einer Worfel, einem runden, aus Weidengeflecht bestehenden, mit zwei Griffen versehenen, flachen Korb, in die Luft geworfen. Dieser Vorgang musste ggf. mehrmals wiederholt werden, bis nur noch das Getreide übrig blieb, das dann eingelagert wurde.
Vielleicht noch ein paar interessante Zahlen im Zusammenhang mit dem Getreideanbau. In der redaktionellen Einleitung zu dem oben erwähnten Aufsatz in „Hierzuland“ wird aus „Dieter Weilhäuser, Entwicklung der deutschen Landwirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert“, zitiert. Danach brachte ein bäuerlicher Betrieb um 1800 rund 360 Stunden Handarbeit je Hektar Getreide für Mähen und Dreschen auf, 1950 waren es noch 35 Stunden und 1980 nur noch zwei Stunden. Auf der Homepage des Deutschen Bauernverbandes ist nachzulesen, dass 1950 ein Landwirt 10 Personen mit Getreide versorgte, 2016 waren es 135 Personen. Der Hektarertrag lag um 1915 bei ca. 1800 kg, der Durchschnittsertrag in den Jahren 2010 – 2015 lag bei 7710 kg/ha.
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