Erneut konnte unsere Ortsteilvertreterin von Weiher, Beate Harder, die Geschichte eines wichtigen Handwerks, namentlich des Bäckerhandwerks in Ubstadt-Weiher, Ortsteil Weiher, erforschen und so für die Nachwelt erhalten. Ihre gesammelten Informationen geben einen Einblick in die damalige Zeit und in den Alltag der Bäckereien. Der Heimatverein dankt seinem Vorstandsmitglied Beate Harder für ihre aufwändige Recherchearbeit und den Nachkommen der Bäckersfamilien für die Informationen und die Interviews sehr herzlich.


 

 Von Beate Harder | Oktober 2022 

„Unser tägliches Brot gib uns heute …“

Auch im wichtigsten Gebet der Christenheit wird das Brot als Inbegriff für Nahrung, Arbeit und Auskommen verwendet. Seit mindestens 9000 Jahren wird Getreide gemahlen und mit Wasser vermengt auf heißen Steinen oder in der Asche als Fladenbrot gebacken.

In den Regionen, die heute zu Deutschland gehören, ist der Beruf des Bäckers mindestens seit der Zeit Karls des Großen (768 – 814) bekannt. Damals arbeiteten überwiegend Leibeigene an Fronöfen oder Klosterknechte an Klosteröfen. Durch das Wachstum der Städte bildete sich im 10. Jahrhundert der Bäckerberuf als „freier“ Berufsstand heraus und war in Gilden oder Zünften organisiert. Eine der ältesten bekannten Urkunden über die Zunft der Bäcker ist aus dem Jahre 1111. Kaiser Heinrich V. sicherte damit die Bäckerzunft in der Stadt Speyer vor jeder Gewalttat seiner Präfekten und Abgesandten, die sonst gewohnt waren, ihre Bedürfnisse von den Bäckern ohne Entgelt mit Gewalt zu nehmen.

Nach einer meist dreijährigen Ausbildung im Bäckerhandwerk wird vor der regional zuständigen Innung die Gesellenprüfung abgelegt. Es erfolgt die Eintragung in der Handwerksrolle. Früher gingen die Gesellen meistens drei Jahre auf „Wanderschaft“ d. h. sie wanderten von Stadt zu Stadt und boten ihre Dienste in Bäckereien an. Im Anschluss besteht für den Bäckergesellen die Möglichkeit, sich weiterzubilden und anschließend vor der Handwerkskammer die Meisterprüfung abzulegen. Dies ist Voraussetzung zur Führung eins eigenen Geschäfts.

Während der bäuerliche Haushalt als Selbstversorger mit Brot angesehen werden kann, war der Stadtbewohner darauf angewiesen, über die Bäcker mit dem Hauptnahrungs-mittel versorgt zu werden. Mit der industriellen Revolution, als immer mehr Menschen außerhalb der Landwirtschaft in Arbeit waren, stand die Grundzutat für das Brot, das Mehl, nicht mehr in jedem Haushalt zur Verfügung. Das führte dazu, dass der Stellenwert des Bäckers im städtischen Bereich an Bedeutung gewann.

Da schon seit mindestens Anfang des 19. Jahrhunderts das Backen im eigenen Haus aus feuer- und baupolizeilichen Gründen untersagt war, wurde in gemeinschaftlich genutzten Backhäusern im Ort gebacken. Meistens wurden diese von Landwirten im Nebenerwerb betrieben. Von ihnen wurde mehrmals die Woche der Backofen mit Holz angeheizt, damit die Hausfrauen ihr Brot backen konnten. Häufig wurden diese Backhäuser gegen Mitte des 19. Jahrhunderts von ausgebildeten Bäckern übernommen. Eine für den ländlichen Raum wichtige Funktion der Bäckerei bestand weiterhin in der Zurverfügungstellung des Backofens für das Backen der Brote, die im Privathaushalt hergestellt wurden.

In den Akten des fürstbischöflich-speyerischen Oberamtes Kislau finden wir Aufzeichnungen über die Handwerker aus dem Jahre 1700. Zu dieser Zeit befand sich im Gegensatz zum wohlhabenden Zeutern, das bereits über drei niedergelassene Bäcker verfügte, im dagegen armen Bruhraindorf Weiher noch kein Handwerker des Berufes Bäcker. Hier backten die Hausfrauen den selbst zubereiteten Teig im heimischen Steinofen und später im öffentlichen Backhaus. Diese Situation hielt bis mindestens Mitte des 19. Jahrhunderts an. Im Sippenbuch von Michael Prestel finden wir den ersten Bürger Weihers mit dem Beruf Bäcker, Johann Wendelin Gärtner mit dem Geburtsjahr 1838. Allerdings ist nicht bekannt, ob dieser auch bereits eine Bäckerei betrieben hat.

Bäckerei Karl Herzog und Nachfolger Rudolf Herzog, Hauptstraße 97 (s‘Roter Bäckers)

Familie Karl Herzog Sen.

Was wir genau wissen ist, dass die Familie Karl Herzog seit 1907eine Bäckerei betrieb und gleich drei Söhne das Bäckerhandwerk erlernten. Karl Herzog (1882 – 1943), der erste Bäcker der Familie, verheiratet mit Bertha geb. Schilb (1887 – 1953) aus Zeutern, erlernte vermutlich in der Bäckerei der Eltern der Ehefrau das Bäckerhandwerk. Nach der Verheiratung eröffnete er eine Bäckerei in Weiher in der Hauptstraße 97 (Unterdorf).

Seine drei Söhne Karl Martin, Rudolf und Anton gingen bei ihm in die Lehre und führten das Familienunternehmen weiter. Anton, der jüngste Sohn (1915 – 1944), ist im Zweiten Weltkrieg gefallen.

Nach dem Tode von Karl Herzog sen. im Jahr 1943 und der Rückkehr des Sohnes Rudolf (1913 – 1972) aus französischer Kriegsgefangenschaft im Jahr 1947 übernahm dieser am 1. Januar 1948 die Stammbäckerei in der Hauptstraße 97. Da Rudolf Herzog und seiner Ehefrau Elisabeth geb. Mahlschnee (1913 – 2005) keine männlichen Nachkommen beschert waren, wurde Tochter Hilde verh. Becker (geb. 1940) angelernt und die Bäckerei zusammen mit einem weiteren Gesellen betrieben. Da es in der damaligen Zeit weder üblich noch sittsam war, dass ein Mädchen einen Handwerksberuf ergriff, versagten die Eltern der jungen Hilde die Ausbildung bzw. Lehre zur Bäckerin.

Trotzdem arbeitete Hilde bis zur Auflösung des Geschäftes zusammen mit ihrem Vater Rudolf in der Bäckerei und der Backstube als vollwertige Bäckerin mit. Dazu gehörten das mitternächtliche Aufstehen, das Teigmachen, Formen der Teigstücke, Anheizen des Ofens und alle sonstigen im Bäckerbetrieb anfallenden Arbeiten. Auch alle anderen anstehenden Arbeiten in Verkauf, Backstube, Einkauf und Lager wurden von Hilde und den übrigen Familienangehörigen übernommen.

Bäckerei Rudolf Herzog

Angeboten wurden drei Brotsorten, zwei Sorten Brötchen, Brezeln, „Schneckennudel“ und sonstiges Kleingebäck, verschiedene Kuchen und Torten wie „Schwarzwälder Kirschtorte“ usw. Im Sommer wurde Speiseeis hergestellt und angeboten, auch von den mitgebrachten Zutaten der Kunden. Mit dem Verkauf von geschlagener Sahne hatte man eine besondere Leckerei im Angebot. Besonders zur Adventszeit ging es hoch her in der Backstube, wenn blechweise Springerlen, Anisplätzchen, Lebkuchen, Spritzgebackenes und Zimtsterne gebacken wurden.

Bäckerei Herzog Roter Bäcker ca. 1933

Ein weiteres wichtiges Angebot war das Backen von Brot und Kuchen der Weiherer Hausfrauen. Mit dem Leiterwagen, in Netzen oder auf dem Fahrrad transportierte die Kundschaft die Gebäckstücke zur Backstube. Ein besonderes Erlebnis war das Abholen der fertig gebackenen Brote und Kuchen, ein verführerischer Duft zog durch die Straßen, so manche Leckerei wurde angeknabbert und auch einige Streusel waren schon mal verschwunden. Das Angebot wurde abgerundet durch den Verkauf von Gemischtwaren und Lebensmitteln. Vor der Schule war das Geschäft Anlaufstelle der Schüler für Mohrenkopfweck, Eistörtchenbrötchen und sonstige Süßigkeiten.

Nach dem Tod von Rudolf Herzog im Jahr 1972 wurde die Bäckerei noch kurz von der Familie weiterbetrieben und dann das Geschäft aufgelöst. Im Zuge der Modernisierung der Ortsmitte und der Verlagerung der Hauptstraße wurde das Gebäude Hauptstraße 97 abgerissen.

Bäckerei Karl Martin Herzog, Hauptstraße 65 (s‘Bäckers Karl)

Der älteste Sohn des Ehepaares Karl und Bertha Herzog, Karl Martin Herzog (1909 – 1978), verheiratet seit 1932 mit Agnes geb. Woll (1909 – 1967), erhielt in den 1930er Jahren, vermutlich als Erbteil, eine bestehende Bäckerei. Sie wurde im Oberdorf in der Hauptstraße 65 von der Familie Stather übernommen.

Bäckersgattin Emma Stather geb. Simon, 1934

Daniel Stather (1858 – 1922) aus Tiefenbach und seine Ehefrau Emma geb. Simon (1872 – 1964) aus Weiher hatten vermutlich keine Nachfolger und nach dem Tod von Daniel im Jahr 1922 verkaufte man den Betrieb.

Bruno Herzog (1930-80), der älteste Sohn von Karl Martin und Agnes, erlernte in Karlsruhe das Bäckerhandwerk. Während der Kriegszeit ruhte der Betrieb. Nach Rückkehr des Vaters aus russischer Gefangenschaft im Jahr 1949 erfolgte die Wiedereröffnung der Bäckerei. Bruno Herzog arbeitete im elterlichen Betrieb mit und auch seine beiden Schwestern, Berta und Emmy, waren unmittelbar nach Beendigung der Schulzeit in der Bäckerei beschäftigt. Nachdem Bruno den Beruf 1962 aufgegeben hat, erlernte der jüngere Bruder Werner (1953) in den Jahren 1968-1971 ebenfalls das Bäckerhandwerk.

Ansichtskarte Weiher um 1950

Anfang der 1950er Jahre eröffnete die Familie Herzog in zwei bisher als Wohnung genutzten Räumen im Erdgeschoss in der Hauptstraße 65 zusätzlich ein Café (im eigentlichen Sinn eine kleine Gaststätte). Bei schönem Wetter wurde im Hof außerdem ein kleiner Biergarten geöffnet. Angeboten wurden Vesper, Wein und Bier. Am Wochenende wurde das Sortiment um Hefezopf, Buttercremetorte und Käsekuchen erweitert. Das Café wurde bis 1960 betrieben. Hochbetrieb herrschte an Feiertagen, samstags und sonntags. An Kerwe, am Wendelinustag und an sonstigen Feiertagen mussten ebenfalls Sonderschichten eingelegt werden.

Am Tag der Wendelinus-Wallfahrt im Oktober hatte man im Wald bei der Kapelle zwei Stände und versorgte die Pilger mit Zuckerringen und Brezeln. Ein geliehener Lastwagen erleichterte in den 1950er Jahren die Warenfuhre in den Lußhardtwald.

Nach Aufgabe des Cafés erweiterte man das Ladengeschäft um diese Räumlichkeiten. Nun wurden auch Lebensmittel und Süßigkeiten angeboten. Schulkinder waren vor und nach dem Unterricht gern gesehene Kunden.

Zusätzlich erfolgten nun auch Außer-Haus-Belieferungen, so waren der Kiosk „Schnoog“ (am Bahnhof Ubstadt-Weiher), die Lebensmittelgeschäfte Manfred Schäfer in der Ubstadter Straße 12 (ehemals Bahnhofstraße 12) und Manfred Gärtner in der Schulstraße 6 willkommene Abnehmer.

Bäcker Karl u. Werner Herzog

Auf Bestellung backte man Zwiebelkuchen für Vereine, schnell waren da zehn große Bleche zusammen und sorgten für eine tränenreiche Arbeit in der Backstube. Saisonales Gebäck wie Osterlämmchen, Neujahrsbrezeln, Weihnachtsgebäck, Christstollen und Hutzelbrot gehörten zum zusätzlichen Sortiment.

Wegen einer Mehlstauballergie konnte Sohn Werner nicht voll in den Betrieb einsteigen. Und so beschloss Karl Herzog nach dem Tod seiner Ehefrau, der Verheiratung der Tochter Emmy und den Gesundheitsproblemen des Sohnes im Jahr 1970 die Aufgabe des Betriebes.

In der Familie Link fand man einen Pächter, der den Betrieb bis 1989 weiterführte. Anschließend wurde das Anwesen an die Bäckerei Heneka verkauft und von Klaus Heneka betrieben. Das komplette „Aus“ der Bäckerei-Tradition in der Hauptstraße 65 erfolgte nach dem Tode von Klaus Heneka (2014) dann im Jahre 2015.

Bäckerei Baron, Ritterstraße 18

Ritterstraße 18 in den 1930er Jahren

Eine weitere frühe Bäckerei befand sich in der Ritterstraße 18. Vermutlich wurde sie seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts von Franz Baron aus Hambrücken (1848 – 1932) betrieben, der mit Maria Treibel aus Weiher (1852 – 1913) verheiratet war. Von dem Anwesen führte ein Durchgang zur Hauptstraße. Durch diesen konnten auch die Frauen von der Hauptstraße auf kurzem Wege ihr Brot und ihre großen Blechkuchen zum Backen in die Bäckerei Baron bringen. Nach dem frühen Tod des Sohnes Leonhard (1876 – 1915) im Ersten Weltkrieg erlosch die Bäckerei Baron, die er übernehmen und weiterführen sollte.

Bäckerei Albrecht (s‘Mina-Bäckers), Hauptstraße 89, später Kirchplatz 1

Bäckerei Albrecht 1978

Möglicherweise ist „s‘Mina-Bäckers“ die älteste nachweisbare Bäckerei in Weiher. Florian Holzer (1844 – 1893) und seine Ehefrau Wilhelmina (Mina) geb. Schmitt (1845 – 25) betrieben vermutlich den Backofen in der Gemeinde als kleinen Nebenerwerb zu der vorhandenen Landwirtschaft. Ferdinand Holzer (1868 – 1915), der Sohn der beiden, verheiratet mit Lehrerstochter Paulina Haffner (1863 – 1925) geboren in Offenburg, erlernte als erster in der Familie den Beruf des Bäckers und betrieb nun hauptberuflich das Bäckerhandwerk in der Hauptstraße. Die Tochter Eugenia (1896 – 1952) brachte mit Ehemann Emil Albrecht (1892 – 1958), Bäckermeister aus Langenbrücken, bereits die nächste Generation ins Haus.

9 Albrecht Brunnenstr 2 in den 1950er Jahren

Auch der Sohn von Eugenia und Emil, Ewald Albrecht (1923 – 1990), ergriff den Beruf des Bäckers und übernahm das elterliche Geschäft. Zusammen mit Ehefrau Hildegard geb. Gramlich (1927) aus Östringen, ebenfalls Tochter aus einer alteingesessenen Bäckerei, führte er den Betrieb in die modernen Zeiten. In den 1950er Jahren wurde ein sehr erfolgreiches Café eröffnet, Treffpunkt für Jung und Alt. Beliebt war bei der älteren Generation der morgendliche Salzweck und das Viertele Wein. Hier sei der süße „Samos“-Wein erwähnt, der die Kundschaft erfreute. Montags trafen sich im Café Albrecht auch die Bäckerkollegen zur Besprechung an ihrem backfreien Tag. Für die jüngere Generation war es am Sonntagnachmittag ein Ort zum Plaudern und Kennenlernen. So manche Paare begegneten sich im Café Albrecht zum ersten Mal. Mit seinem unterhaltsamen und geschäftstüchtigen Wesen war Ewald Albrecht stets die gute Seele von allem.

Bäckerei Albrecht 90er Jahre

Nach der Schließung des Cafés im Jahr 1973 erweiterte man die Bäckerei um ein Selbstbedienungsgeschäft für Lebensmittel, ergänzt durch einen Tchibo-Shop. Auch die Bäckerei Albrecht, oder „s‘Mina-Bäckers“, der Name der Gründerin hielt sich all die Jahre, hatte ein breites Sortiment an Brot, Brötchen, Kuchen und Torten. Das berühmte „Zimtkreuz“ lässt den ehemaligen Kindergartenkindern der alten „Krone“ noch heute das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ende der 1980er Jahre schloss das Bäckergeschäft für immer, Bäckermeister Ewald Albrecht starb nach schwerer Krankheit im Jahr 1990.

Bäckerei Theodor Beyer, Ritterstraße 25

Ritterstraße 25

Das Gebäude in der Ritterstraße 25 mit Wohnhaus, Backstube und Verkaufsraum wurde nachweislich 1899 errichtet. Theodor Beyer (1891 – 1948) aus Ubstadt und seine Ehefrau Hilda Herzog (1900 – 1981) aus Weiher betrieben hier seit 1928 eine Bäckerei. Aus der Ehe gingen vier Töchter hervor, Hildegard (1924 – 2003), Maria (1925 – 2004), Magdalena (1929 – 2005) und Irmgard (1932 – 2008). Tochter Maria wohnte mit Ihrem Ehemann Hermann Holzer (1923 – 2002, Postler in Weiher) im Elternhaus und überbrückte zusammen mit ihrer Mutter Hilda und Schwester Hildegard die Kriegsabwesenheit des Vaters und Bäckermeisters Theodor. So konnte der Bäckereibetrieb notdürftig bis zur Rückkehr des Mannes und Vaters schwerverletzt und todkrank 1948 aufrechterhalten werden. Bäckermeister Theodor Beyer verstarb an seinen schweren Kriegsverletzungen kurz nach der Rückkehr noch im Jahre 1948. Tochter Magdalena und Ehemann Hans Weindel, Bäcker (1921 – 2005) aus Stettfeld führten die Bäckerei noch einige Jahre weiter. Im Jahre 1954 pachtete Bäckermeister Gregor Heneka aus Neuthard mit seiner Ehefrau Helene geb. Schneider die Bäckerei, bevor sie im Jahr 1959 in der Hahnenstraße 11 einen Neubau errichteten.

Ritterstr. 25 im Winter

„S’Beyer-Bäckers“ hatten sich mit hausgebackenen Naturbrotsorten und besonders den knusprigen Laugenbrezeln einen guten Namen gemacht. Wie auch die anderen ortsansässigen Bäcker, backte man die vorbereiteten Brote der Kunden zweimal wöchentlich. Die Bäckerei war ein schöner Treffpunkt für die Kundinnen aus der Ritter-, Haupt- und Hirschstraße beim Warten auf das fertig gebackene Brot, wo manche Rezepte und Neuigkeiten dabei ausgetauscht wurden.

Kaffeetafel mit Täubchentorte

Zu Festtagen wurde auch in der Backstube besonderes vorbereitet: Ostern bot man leckere Osterlämmchen, blechgroße Hasen und Puppen aus Hefeteig mit Rosinen und Haselnüssen als Augen an. Zur Erstkommunion wurden kleine Kuchen und besondere Torten mit Buttercreme und Marzipanverzierung sowie Linzertorten angefertigt. Das Weihnachtssortiment umfasste Printen, Buttergebäck und aufwendige Springerlen. Ein besonderer Höhepunkt waren die Hochzeitstorten mit „Täubchen“ und Motiven auf Bestellung. Im Verkauf waren außerdem Lebensmittel für den täglichen Gebrauch.

Hilda Beyer geb. Herzog lebte bis zu ihrem Tod 1981 in den umgebauten Verkaufsräumen der alten „s’Beyer-Bäckers“ Bäckerei in einer kleinen Wohnung zusammen mit ihrer zweiten Tochter Maria Holzer geb. Beyer und deren Ehemann Hermann.

Bäckerei Gregor Heneka, Hahnenstraße 11

Neubau Heneka Hahnenstraße 1958

Mit dem Neubau der Bäckerei im Jahr 1959 in der Hahnenstraße brachen moderne Zeiten an: Ein moderner Kohleofen, der das Wasser erhitzte und durch ein Röhrensystem den dreistöckigen Backraum erhitzte, ermöglichte es, große Mengen an Backgut innerhalb kurzer Zeit abzubacken. Ein Hubkneter, eine Anschlagmaschine für Sahne und Cremes und ein halbautomatischer Teigteiler erleichterten die schwere Arbeit in der Backstube. In den 1980er Jahren schaffte man einen automatischen Teigteiler an, der bis heute seinen Dienst in der Bäckerei Heneka verrichtet.

Tortenparade

Mit der Bäckerei Heneka kamen zum üblichen Backsortiment von Brot, Brötchen und Kleingebäck eine große Tortenparade sowie Feingebäck wie Eclairs und Cremeschnitten nach Weiher.

An Feiertagen wie Ostern, Kommunion, Weihnachten und Neujahr rauchten auch in der Bäckerei Heneka in der Hahnenstraße 11 die Kamine. Auch hier wurde eine große Auswahl an Lämmchen, Christstollen, Plätzchen und Neujahrsbrezeln an die dankbare Kundschaft abgegeben. Die Bäckerei Heneka bot ihren Kundinnen auch den Service, ihre mitgebrachten Brote und Kuchen zu backen.

Die besonderen Spezialitäten der „Feinbäckerei“ Heneka aber waren ihre ausgezeichneten Kuchen und Torten. Besondere Verkaufsschlager waren die kleinen Cremeigel, Haselnusstörtchen und die Käseschneckennudeln nach dem geheim gehaltenen Familienrezept. Für die Schwarzwälder Kirschtorte hatte man eigens mehrere Sauerkirschbäume im Garten, ebenso für Apfelkuchen einen Apfelbaum. Die Verwendung von regionalen Produkten stand im Vordergrund.

Mehl wurde von der Zeuterner oder Odenheimer Mühle eingekauft, Eier kaufte man beim Eier-Hof Heitlinger in Eppingen, woher sie bis zum heutigen Tag bezogen werden. Die übrigen Zutaten kamen von der Bäckereinkaufsgenossenschaft.

Ein kleines Lebensmittelsortiment rundete das Angebot der Bäckerei Heneka ab, Obst, Gemüse und Dinge des täglichen Lebens wurden von den Hausfrauen gerne gekauft.

Familie Heneka Mitte 60er Jahre

Gregor Heneka (1919 – 1999) und seine Frau Helene geb. Schneider (1919 – 2001) führten viele Jahre ein erfolgreiches Geschäft. Die drei Söhne Reinhold (1951 – 2019), Klaus (1956 – 2014) und Rolf (1964) ergriffen ebenfalls den Beruf des Bäckers, Reinhold wurde bei Vater Gregor ausgebildet, die Ausbildung von Klaus und Rolf erfolgte bei der Bäckerei Finster in Bad Schönborn.

Christa Heneka 60er Jahre

Auch die beiden Töchter Christa (1949 – 2009) und Ute (1961) sowie die Ehefrau Helene arbeiteten als Bäckereifachverkäuferinnen im Betrieb mit.

Sohn Klaus übernahm 1987 mit Ehefrau Gudrun geb. Ziesemer (1960) das elterliche Geschäft und betrieb die Bäckerei in der Hauptstraße 65 als Filiale. Dort errichtete er im Jahr 1989 im hinteren Bereich des Anwesens ein neues Wohnhaus mit Backstube. Hier standen eine sehr moderne, gut ausgestattete Backstube und ein ansprechender Verkaufsraum zur Verfügung. Nach dem kompletten Umzug in die neue Bäckerei wurde die Stammbäckerei in der Hahnenstraße 11 noch einige Jahre mit Backwaren beliefert. Anfang der 2000er Jahre schloss diese Verkaufsstelle, um 2005 durch Sohn Rolf wiederbelebt zu werden. Auch Rolf bietet ein breites Sortiment an beliebten Backwaren an. Torten und Kuchen werden gerne auf Bestellung angefertigt. „Handwerkerbrötchen“, belegte Brezeln und Kaffee sind ein weiteres besonderes und gerne angenommenes Angebot des Geschäfts. Der ultimative „Sattmacher“, die Käsebrezeln und der Krakauerweck stärken selbst den ausgehungertsten morgendlichen Kunden.

Rolf Heneka Meisterprüfung 1991

Hervorzuheben ist der angenehme soziale Kontakt mit den Kunden, gerne wird ein Schwätzchen gehalten oder deren Sorgen angehört. Legendär ist das „Schmutzige Donnerstag“- Frühstück am darauffolgenden Freitag, wo die „Faserbutzer“ auch schon mal mit dem Taxi anfahren und wieder abgeholt werden, um die „Tollen Tage“ gestärkt zu überstehen.

Mit Gabi Blantz geb. Heneka (1970) arbeitet bereits die dritte Generation von Bäckermeistern in dem Traditionsbetrieb. Aber wie in vielen Handwerksbetrieben ist auch hier eines Tages die Frage nach der Nachfolge offen.

Aber am Ende entscheidet immer der Kunde, ob ein Handwerksbetrieb überleben kann oder nicht. Bäckermeister Rolf Heneka ist im weiten Umkreis einer der letzten seines Metiers und die Kunden schätzen die handwerkliche Qualität seiner Produkte.

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