Erinnerungen an die Zeit, als Weiher noch keine Leichenhalle hatte – Schluss

Foto: Gemeinde Ubstadt-Weiher

Wenn die Verstorbene eine Jungfer war, wurde der Leichenwagen von vier Jungfern, die der Jungfrauenkongregation angehörten, geschoben. Auch der Sarg, der weiß war, wurde von ihnen ins Grab gelassen. Dabei kam es vor, dass aufgrund mangelnder Kraft das Kopf- und Fußende des Sarges nicht gleichzeitig im Grab ankamen.

Starb ein Kleinkind, hat eine Jungfer den kleinen weißen Sarg auf ihrem Kopf getragen oder vier Schulkinder versahen diesen Dienst.

Auf dem Weg zum Friedhof, immer über die Hauptstraße, sang der Kirchenchor den Psalm „Erbarme dich meiner, o Gott, zu dir ruf ich in Angst und Not“. Nach jeder Strophe wurde ein Rosenkranzgesetz gebetet.

Am Grab wurden folgende Lieder gesungen: „Gute Nacht, gute Nacht …“, „Jesus, dir leb ich …“, „Wirf dein Anliegen auf den Herrn …“, „Was wir vor unseren Augen sehen …“, „Sancta, sancta, sancta Maria …“, „Ave verum corpus …“, „Selig sind die Toten …“ oder „Meine Zeit steht in deinen Händen …“.

Nach der Beerdigung erfolgte gleich anschließend das erste Seelenamt. Die älteren Kinder, immer zwei, trugen die Kränze daher geradewegs vom Friedhof zur Kirche. Die Kränze wurden an die Tumba (bis zur Liturgiereform infolge des Zweiten Vatikanischen Konzils war es in der katholischen Kirche allgemein üblich, ein hölzernes, meist zusammenklappbares Lattengerüst mit einem schwarzen Überwurftuch, die sogenannte „Tumba“, als Sargattrappe aufzustellen) gehängt. Dieses Tuch war mit einem silbernen Kreuz verziert. Nach jedem Seelenamt war es Aufgabe des Mesners, die Kränze in den „alten Chor“ zu tragen und sie beim nächsten Seelenamt wieder an die Tumba zu hängen. Wenn die Kränze noch ansehnlich waren, wurden sie auch beim dritten Seelenamt verwendet. Oft strömte von den Kränzen ein unangenehmer Duft aus, denn die Blumen fingen an zu welken und die Stiele verfaulten.

Mit der Zeit mangelte es an Kindern, die die Kränze zur Kirche trugen. Daher übernahmen dies auch Frauen vom Kirchenchor. Dann aber wurde dieser Brauch abgeschafft und auch die Tumba wurde nicht mehr aufgestellt. Stattdessen wird bis heute die Osterkerze in den Seelenämtern angezündet als Symbol und Glaubenshoffnung an die Auferstehung.

Nach dem ersten Seelenamt lud man die engsten Angehörigen und die Sargträger zum „Leichenschmaus“ ein, der damals nicht in einem Lokal, sondern in der Privatwohnung stattfand. Es gab meistens Hefekranz und Kaffee.

Das „Sterbebild(chen)“, auch Totenzettel genannt, wurde einige Zeit nach der Beerdigung hauptsächlich an Angehörige und Freunde verteilt. Dieser Brauch ist seit dem 19. Jahrhundert im gesamten katholischen Europa verbreitet und wird heute noch gepflegt. Auf der Vorderseite ist in der Regel das Bild der Verstorbenen abgedruckt mit der Bitte um ein Gebet für diesen. Diese Gebetsbitte wurde daher auch zum Anlass genommen, die Sterbebilder in ein Gebet- oder Gesangbuch zu legen.

Ganz früher trugen die Frauen über ihrer Trauerkleidung stets eine lange schwarze Schürze. Es war üblich, im sogenannten „Trauerjahr“ schwarze Kleidung zu tragen. Bei verwaisten Eltern und bei hinterbliebenen Ehepartnern betrug die Trauerzeit zwei Jahre. Beim sogenannten „Abtrauern“ trug man dann gedeckte Farben.

Die Leichenhalle in Weiher (siehe Foto) wurde 1969 eingeweiht. Die Toten wurden dann nicht mehr zu Hause, sondern in der Leichenhalle aufgebahrt.“

Herzlich danke ich den vielen älteren Menschen aus Weiher, die mit ihrem Wissen, ihren Erinnerungen und mit Fotos zu diesem Bericht beigetragen haben. Dankbar gedenke ich auch jener, die in der Zwischenzeit verstorben sind.

Weiher, im Februar 2024
Ursula Hohl, Autorin

 

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