Erinnerungen an die Zeit, als Weiher noch keine Leichenhalle hatte  – Teil 2

Repro: Karl Simon

In den Aufzeichnungen für die badische Volkskunde aus der Pfarrgemeinde Weiher, Amt Bruchsal, von 1896 schreibt Pfarrer Lienhard, dass für verstorbene Kinder bis zur Ersten Heiligen Kommunion mit zwei Glocken geläutet wird, für die Erwachsenen mit drei.

Noch während der Pfarrer in der Messe den Namen des Verstorbenen verlas, wurde „Schieding“ geläutet. Außerdem wurde ein „Vater unser“ für den Verstorbenen gebetet. Bis Anfang der 1940er Jahre konnten die Einwohner von Weiher am Scheidungsläuten („Schieding“) erkennen, ob eine verheiratete oder ledige Person oder ein Kind verstorben war. Nach Aussagen des früheren Mesners Hermann Wippel läutete bei Verheirateten zuerst die große St. Nikolausglocke, bei ledigen Personen läutete die Barbaraglocke und bei Kindern zuerst die kleine Schutzengelglocke.

Diese Regelung wurde unter Pfarrer Vogel abgeschafft, nachdem sich ledige Frauen beschwert hatten, dass beim „Schieding“ ein Unterschied gemacht wird, wo doch gerade sie meist mehr an die Kirche spendeten als die Verheirateten.

Beim ortsansässigen Schreiner wurde der Sarg („Dodalad“) bestellt und der Verstorbene „eingesargt“. Bis zur Beerdigung wurden die Toten im Haus aufgebahrt und mit einem weißen Leintuch zugedeckt. Früher nahm man für den Sarg das billigste Holz (Tanne oder Fichte). Die Särge waren alle schwarz und wurden mit Schwarzlack bemalt, bei Jungfern und Kindern mit weißem Lack.

Nach dem Einsargen wurden den Verstorbenen die Hände gefaltet und mit einem kleinen Sterbekreuz versehen oder es wurden die Hände sowie das Kreuz zudem noch mit einem Rosenkranz umwunden.

Wenn in der Wohnung kein Platz war oder der Leichnam schon sehr gerochen hat, wurde er auch in der Scheune des Anwesens aufgebahrt. Zur Kühlung, besonders im Sommer, wurden Wannen mit kaltem Wasser und mit Eisblöcken, die man von den Gasthäusern holte, im Raum aufgestellt.

In dem Raum, in welchem der Leichnam aufgebahrt war, hat man Totenwache gehalten, wobei, vor allem durch Männer, Zwetschgenschnaps getrunken wurde.

Bis zur Beerdigung wurde in der Wohnung oder auch im Hof der Verstorbenen mit Nachbarn und Verwandten der Rosenkranz gebetet. Ab 1953 wurde das Rosenkranzgebet in die Kirche verlegt, da in den Wohnungen oft kein Platz war.

Bei den Verstorbenen brannte nachts immer eine Sterbekerze, wenn noch vorhanden, die Tauf- oder Erstkommunionkerze. Sofern eine Uhr im Raum war, wurde diese abgestellt. Der Sargdeckel wurde erst beim Läuten zur Beerdigung geschlossen. Viele der Beerdigungsteilnehmer nahmen am offenen Sarg Abschied von den Toten.

Die Leute erzählten noch von einer doch etwas schaurigen Geschichte über den Waldkauz, der früher als „Todesvogel“ galt. Auffallend oft war er zur Stelle, wenn ein Mensch im Sterben lag. Sein “Ku – witt“ deutete man damals als “Komm – mit” (ins Jenseits). Doch der eigentliche Grund dafür, dass sich der Kauz in der Nähe der Sterbenden aufhielt, war das Licht, das während der Nachtwache durchgehend brannte. Damals gab es noch nicht so viele Lichtquellen.

Am Tag der Beerdigung, meistens zwei bis drei Tage nach Eintritt des Todes, wurde der Sarg auf einen kleinen Leichenwagen verbracht, der im Hof stand. Davor war ein kleiner Tisch aufgebaut mit einer weißen Decke, einem Stehkreuz, zwei Kerzen und Weihwasser. Mit dem Weihwasser besprengten die Beerdigungsteilnehmer den Sarg (siehe Foto).

Danach ging es zum Friedhof. Die Beerdigungen fanden früher auch an Sonntagen statt. Am einachsigen Leichenwagen mit zwei Rädern, der von vier Männern an den Haltestangen geschoben wurde, hingen viele Kränze. Damals gab es noch kein Sargbukett, auch keine Blumenschalen. Erst Ende der 1950er Jahre wurde dieser Blumenschmuck gewählt. Später hatte der Leichenwagen vier Räder mit Luftreifen. Auch dieser wurde von vier Männern, zwei auf jeder Seite, geschoben. Die beiden Männer an der Stirnseite konnten den Wagen durch Druck seitlich nach rechts oder links steuern. Die Vorderräder waren so beweglich, dass keine Deichsel für die Lenkung erforderlich war.

Als es noch keinen Wagen gab, trugen vier Männer den Sarg vom Haus bis zum Friedhof. Manchmal liefen auch noch vier Kerzenträger neben dem Sarg.

Nach dem Bau der Aussegnungshalle schafften die Gebrüder Händel Söhne aus Weiher einen PKW-Anhänger für den Transport der Särge an, da dann die Aufbahrung nicht mehr im Hause der Verstorbenen stattfand.

Der Leichenzug stellte sich in folgender Reihenfolge auf:
Voraus ging ein Messdiener, der ein Kreuz mit Korpus und schwarzer Haltestange trug. Danach folgte die Trauerfahne, die noch bis zur Einweihung der Leichenhalle im September 1969 von Franz Holzer („Groß‘ Franz“) getragen wurde. Dann reihten sich die Schulkinder, getrennt nach Mädchen und Buben, ein, der Kirchenchor schloss sich an, dann folgte der Sarg, der Priester, der Mesner und manchmal bis zu vier Messdiener, wobei einer das Weihrauchfass trug, und zum Schluss die Trauergemeinde, ebenfalls getrennt nach Frauen und Männern. Die Frauen trugen schwarze flache Hüte mit einem kleinen schwarzen Gaze-Schleier, der bei den nächsten Angehörigen über das Gesicht gezogen war. Gesungen wurde auf dem Weg zum Friedhof das Lied „Gepriesen sei der Herr des Lebens, der seinem Volke Rettung sandte“.

An die Sarggriffe wurde ein weißes Taschentuch gebunden, das die Sargträger nach der Beerdigung für ihren Dienst behalten durften. Damals war ein weißes Taschentuch noch wertvoll, nicht jeder besaß Stofftaschentücher. Manchmal wurden auch Rosmarinzweige an die Sarggriffe gebunden, wenn der Verwesungsgeruch schon zu stark war.

Autorin: Ursula Hohl, Weiher

Schluss folgt.

 

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