Aus unserer Reihe: „Gebäude, die Geschichte(n) erzählen!“ Heute: Weiher, Altes Rat- und Schulhaus, Hauptstraße  

Die Schule in Weiher ist wie in den meisten anderen Dorfgemeinden keine sehr alte Einrichtung. Vor dem Dreißigjährigen Krieg dürfte sie schwerlich schon bestanden haben. Erst mit Beginn des 18. Jahrhunderts kann man überhaupt von Unterricht sprechen. Noch 1724 beklagt sich die Gemeinde beim bischöflichen Generalvikariat, dass der alte Schulmeister selbst im Lesen und Schreiben unerfahren sei. Da er ein Bauersmann sei und seine Güter habe, unterrichte er nur fünf Wochen vor und nach Weihnachten, das übrige Jahr hindurch geht er seinem Ackerbau nach.

In einem Vogteigerichtsprotokoll von 1835 wurde festgestellt: „Das hiesige Rat- und Schulhaus ist in einem total baufälligen und wirklich auch Gefahr drohenden Zustand gefunden worden, dass selbst abgesehen von allen anderen Rücksichten dieses Gebäude schon in polizeilicher Rücksicht müsste abgetragen werden.“ Das Schulhaus selbst war vermutlich ein Gebäude, das nur ein einziges Schulzimmer enthielt. Schließlich wurde bei einer Ortsbesichtigung festgestellt, dass das Schulzimmer für mehr als 140 Kinder um mehr als die Hälfte zu klein war. Es käme nur ein Abbruch und ein vollständiger Neubau in Frage. Eine Vergrößerung lehnte die Bürgerschaft jedoch ab, man hielt es nicht für notwendig und begründete es mit der Armut der Gemeinde. Nach der Einführung der allgemeinen Schulpflicht 1835 und der Umsetzung in der Folgezeit war ein Neubau allerdings nicht mehr aufzuschieben.

Da die Witwe des unlängst verstorbenen Revierförsters Schorle 1838 von Weiher wegziehen wollte, bot sie der Gemeinde ihr neben dem bisherigen Rat- und Schulhaus liegendes Wohnhaus zum Kauf an. Das Haus war geräumig für eine Lehrerwohnung und auf dem Grundstück des bisherigen Rat- und Schulhauses konnte ein Gebäude mit ausreichend erscheinenden Schul- und Diensträumen erstellt werden. Nach einigen Querelen konnte durch den Zukauf dieses Wohnhauses endlich 1840 ein Neubau erfolgen und neben einer Ratsstube für die 188 Schulkinder zwei Schulräume eingerichtet werden. Dieses Schulhaus wurde in den Jahren 1891/92 zweistöckig ausgebaut.

Nach der Erweiterung um ein zusätzliches Stockwerk, standen nun im beginnenden 20. Jahrhundert immerhin drei Schulsäle zur Verfügung. In den zur Hauptstraße liegenden Zimmern waren die Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung untergebracht. Es gab einen Raum für den Bürgermeister, einen für den Ratschreiber und den Gemeinderechner und einen Gemeindesaal zur Abhaltung der Gemeinderatssitzungen und für sonstige Zusammenkünfte.

Trotzdem war das Gebäude auf die Dauer zu klein. Im Jahre 1908 wurde es durch ein neues, nun reines Schulhaus im hinteren, westlichen Bereich, in der neu erschlossenen Schulstraße, entlastet.

Im alten Rat- und Schulhaus verblieben im Erdgeschoss die Räumlichkeiten der Gemeinde und außerdem wurde ein Raum für die Kochschule eingerichtet. Hier gingen die Mädchen der zwei letzten Schuljahre der Volksschule einmal wöchentlich zum Kochunterricht bei Fräulein Westermann, der nicht immer geliebten Hauswirtschaftslehrerin. Lebhaft in Erinnerung sind Zeitzeuginnen der Nachkriegsschuljahrgänge noch die Bemühungen von Fräulein Westermann, den Schülerinnen mit den von zuhause mitgebrachten Zutaten das Kochen beizubringen.

Im zweiten Stock wurden die ehemaligen Schulsäle in mehrere Wohnungen aufgeteilt. Ein weiterer Schulsaal blieb erhalten und wurde von der Volkschule als Ausweichraum genutzt. Die Räumlichkeiten wurden in den Nachkriegsjahren überwiegend von Lehrerfamilien bewohnt, unter anderem von Lehrer Beck und Lehrer Pfenninger mit ihren Familien.

Aber auch andere Familien fanden hier Unterkunft, so auch die Familie Wilhelm Herzog und Johanna geb. Böser mit ihren drei Kindern und die Familie Hugo und Philomena Steska mit zwei Kindern.

Für die Kinder der Bewohner war der Wohnort ideal, hatte man doch im Schulhof den größten Spielplatz in ganz Weiher und alle Freunde waren ständig da.

Eine weitere kleine Notwohnung stand ebenfalls zur Verfügung, die von Weiherer Familien bewohnt wurde.

Anfangs der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts erfolgte in westlicher Richtung in der Schulstraße der Neubau der Schule, damals eines der modernsten Schulhäuser im Landkreis. Neben der neuen Schule in der Schulstraße wurde gleichzeitig ein modernes Feuerwehrhaus errichtet, in dessen oberem Stockwerk waren moderne Büros für die Gemeindeverwaltung vorgesehen.

Das alte Rat- und Schulhaus wurde noch einige Zeit bewohnt, wies aber erhebliche bauliche Mängel auf und wurde 1972 abgerissen, um Platz für eine moderne Mehrzweckhalle zu schaffen.

Das sich vor der Mehrzweckhalle befindliche Rathaustürmchen konnte von den Bauarbeitern seinerzeit gerettet werden und wird als Erinnerung an das ehemalige Rat- und Schulhaus in Ehren gehalten.

Autorin Beate Harder, April 2023
Quelle: Haselier, Geschichte des Dorfes Weiher

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