Die Wendelinuskapelle – ein Kleinod im Lußhardtwald in Weiher – Schluss

Ansichtskarte, Repro: Karl Simon

Die neue Kapelle wurde nun mit Einwilligung des Erzbischöflichen Ordinariats in Freiburg am Sonntag, dem 20. September 1857, morgens um 10 Uhr vom damaligen Ortspfarrer Anton Schweickart unter großer Teilnahme der Bürger aus nah und fern eingeweiht.

Vom Großherzoglichen Bezirksamt Bruchsal  wurde mit Schreiben vom 9. Oktober 1884 der „Kath. Stiftungskommission Weiher die beabsichtigte Abhaltung einer Predigt unter freiem Himmel bei der Wendelinuskapelle bei Weiher am 20. Oktober d. J. und eine Prozession am gleichen Tage mit dem Anfügen bescheinigt, dass der Abhaltung der beabsichtigten Predigt und der Prozession kein Hindernis im Wege steht.“

Von der Zeit an bis zur jüngsten Vergangenheit fand immer eine Wallfahrt, beginnend bei der Weiherer Kirche bzw. der Kronauer Allee, zur Kapelle im Wald statt. Diese Prozessionen wurden unter Mitwirkung des Weiherer Musikvereins gestaltet.

Das Feilbieten von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Drucksachen wurde am 4. November 1884 von der Großherzoglichen Bezirksförsterei Bruchsal erlaubt, jedoch wurde der Verkauf von „geistigen Getränken“ untersagt (Auszug aus einem Buch des Pfarrarchivs).

Bis um die Jahre 1960/1961 waren bei der Wendelinuskapelle am Wallfahrtstag Stände aufgebaut, die folgende Nahrungs- und Genussmittel feilboten:

Metzgerei Johann Bertsch: Brötchen und Würstchen

Bäckerei Rudolf Herzog: verschiedene Backwaren

Bäckerei Karl Martin Herzog: Süßwaren, Brezeln, Zuckerringe u. a.

Am Stand von Alma Bader (geb. Becker) wurden zum Beispiel Kerzen und Rosenkränze angeboten.

Danach wurde die Verkaufstätigkeit durch den damaligen Pfarrer Stadelhofer mit der Begründung verboten, dass diese die Andacht der Wallfahrer zu sehr störe.

In den 1930er Jahren und auch später wurden die Predigten von einem Pater des Klosters Waghäusel abgehalten.

Aus einem Zeitungsbericht von Pfarrer Hermann Bickel (Pfarrer in Weiher von 1916 bis 1934) vom 16. Oktober 1931 geht hervor, dass alle Wendelinus-Büchlein in jener Zeit vergriffen und viele Nachfragen nach einem solchen vorhanden waren. So wurde in der Druckerei des „Bruchsaler Boten“ der Not der Zeit entsprechend für 25 Pfennige ein kleines, 32 Seiten umfassendes Büchlein herausgegeben mit einer ansprechenden Lebensbeschreibung des heiligen Wendelin und den hier gebräuchlichen Gebeten und Gesängen.

Der Weiherer Heimatforscher Paul Etzkorn hat dem Büchlein eine recht gefällige Einleitung über die Verehrung des heiligen Wendelin in der Lußhardt beigefügt. Er hat auch die Wendelinuskapelle gezeichnet (siehe Foto).

In dem besagten Zeitungsbericht von Pfarrer Bickel ist auch erwähnt, dass im Frühjahr 1931 bei einem furchtbaren Sturm große Zerstörungen im Lußhardtwald entstanden.

Die Wendelinuskapelle wäre dabei beinahe von zwei großen umstürzenden Bäumen erdrückt worden, wenn sich nicht merkwürdigerweise die beiden fast entwurzelten Buchen etwa einen halben Meter über dem Dach gehalten hätten, ohne auch nur einen Ziegel zu beschädigen.

In einem Zeitungsbericht aus dem Jahr 1949 steht folgendes zu lesen: „Wenn am 20. Oktober der Tag des großen Viehpatrons St. Wendelin kommt, dann setzt er auch im Bruhrain immer wieder viele gläubige Menschen zur frommen Wallfahrt in Bewegung. Bezeichnend ist ja die ungewöhnlich hohe Zahl von Wendelinuskapellen, das heißt der kleinen heimeligen und abgelegenen Andachtsstätten, die das einfache Landvolk so sehr schätzt und liebt.

Das kam am vergangenen Sonntag wieder zum Ausdruck, als über 4000 Menschen der näheren und weiteren Umgebung hinauszogen an die 2 km von Weiher entfernte Wendelinuskapelle im Lußhardt.“

Soweit der Bericht mit dem Titel „Über 4000 Menschen aus nah und fern waren versammelt“.

Autor: Emil Machauer, Weiher, im Oktober 2023

 

 

Right Menu Icon