Von Bernhard Raab | September 2021 

Der Erbauer der Stettfelder Kirchenorgel hat über den Manualen ein kleines Firmenschild mit der Bezeichnung „H.Voit & Söhne“ angebracht.

Der Orgelbauer Heinrich Voit wurde am 18.03.1834 in Durlach geboren und starb auch dort im Oktober 1914. Er wurde 1870 Geschäftsführer der Firma Voit und firmierte ab 1890 mit seinen Söhnen Emil (1865 – 1924) und Siegfried (1870 – 1939). Die weiteren Söhne Heinrich (1871 – 1926) und Julius (1883 – 1955) arbeiteten in der Firma mit. Die Firma war sehr erfolgreich und wurde mehrfach ausgezeichnet (u.a. 1872 Silbermedaille, 1873 Goldmedaille). Sie baute vorwiegend in Baden und in der Pfalz, aber auch weit darüber hinaus Kirchen-, Festsaal- und Hausorgeln.

Im Briefkopf der Firma stand:
„Kirchen-, Konzert- und Salonorgeln.
Großherzoglich-badischer Orgelbauer.
Patent auf pneumatische und elektrische Systeme.
> 1000 Orgelbauten ausgeführt.“

Die Stettfelder Kirchenorgel wurde 1892 gebaut. Eingebaut wurde sie 1893.

Nach dem Umbau der Stettfelder Kirche war die alte Orgel völlig ungenügend.

Stettfelder Kirche, Archiv Heimatverein Ubstadt-Weiher e.V.

Der damalige Pfarrer Beda Hafen, der den Umbau der Kirche begleitete, hatte intensiv den Erwerb einer neuen Orgel betrieben. Er schloss 1891 einen Vertrag mit der Firma H. Voit & Söhne, die zusagte, für 8000 Mark ein prächtiges Instrument zu liefern.

Ermöglicht wurde die Anschaffung u.a. durch zwei sehr großzügige Spenden von je 1500 Mark der Frauen Katharina Gärtner und Elisabeth Reinhard. (1500 Mark würden heute einem Jahresgehalt eines Facharbeiters entsprechen.) Katharina Gärtner, geb. Maier, war die Ehefrau des Metzgers August Gärtner. Sie betrieben in der heutigen Lußhardtstraße 8 einen Metzgerladen mit Schlachthaus und dazu eine Brennerei. Die Eheleute Gärtner hatten bereits 1889 das Kreuz in der Peter-Weibel-Straße gestiftet. Das Kreuz stand früher in freier Feldlage und diente als 4. Station bei Flurprozessionen.

Elisabeth Reinhard, geb. Grauenmüller, war die Ehefrau des Zieglers Anton Reinhard. Dieser hatte 1855 auf dem Grundstück Zeuterner Straße 40 ein Wohnhaus mit Ziegelhütte errichtet. Er war wohl der erste Gewerbetreibende in Stettfeld. Der Betrieb wurde zwar Anfang der 1890er Jahre aufgegeben, ist aber heute noch bei den älteren Mitbürgern als „Ziegelhof“ bekannt. Die Eheleute Reinhard bauten 1886 auf dem Grundstück Schönbornstraße 53, heutige Volksbank, ein zweistöckiges Wohnhaus. Das spätere Gasthaus „Kaiser Friedrich“. Elisabeth Reinhard war bei der Stiftung für die Kirchenorgel bereits Witwe.

Die Kirche und die Orgel wurden im Mai 1895 geweiht. Die Weihe erlebte der rührige Pfarrer Beda Hafen leider nicht mehr. Er verstarb am 17.01.1895 mit 61 Jahren.

Im November 1917 wurden bei der Orgel 33 Pfeifen abgebaut, um mit ca. 100 Kilogramm Zinn die Rüstungsindustrie zu unterstützen.

1920/1921 wurde in der Kirche eine elektrische Lichtanlage installiert.
1930 wurde bei der Generalreinigung der Orgel auch ein elektrisches Gebläse installiert.

Der mit Muskelkraft zu betreibende Blasebalg gehörte somit der Vergangenheit an.
Die Generalüberholung führte Herr Maximilian Bader in Hardheim durch. Seine Arbeit war so gut, dass die Orgel erst wieder 1972, initiiert von Pfarrer Hubert Meisel, generalüberholt werden musste. Diesmal durch den Orgelbauer Rudolf Kubak aus Augsburg.

Auch diese Generalüberholung war sehr erfolgreich. Sie liegt jetzt schon 48 Jahre zurück und die Orgel verrichtet nach wie vor erfolgreich ihren Dienst.

Stettfelder Orgel nach der letzten Renovierung im Jahr 1990/1991 Familie Braun, Stettfeld

 
Das Familienunternehmen Voit

Das Familienunternehmen Voit hatte seinen Ursprung in Franken. Seit dem 17. Jahrhundert war die Firma von Geschlecht zu Geschlecht im Orgelbau beschäftigt.

Firmenschild der Firma H. Voit & Söhne, Archiv Heimatverein Ubstadt-Weiher e.V.

Der Großvater von Heinrich Voit, Johann Volkmar Voit (1772 – 1806), siedelte von Schweinfurt nach Durlach um und arbeitete beim gebürtigen Heidelsheimer Orgel- und Klavierbauer Georg Marcus Stein (1738 – 1794). Stein hatte 1770 sein Orgel- und Klavierbauunternehmen in Durlach gegründet und zählte seinerzeit zu den berühmtesten Orgel- und Klavierbauern. Georg Marcus Stein starb am 25.01.1794. Seine Tochter, Katharina-Friederike Stein, heiratete im gleichen Jahr Johann Volkmar Voit, der das Unternehmen übernahm. 1802 kam Sohn Louis zur Welt.

Kurfürst Karl Friedrich ernannte Johann Volkmar Voit 1804 zum Badischen Hoforgelmacher. Die Ehre währte nur kurz, denn bereits zwei Jahre später verstarb Johann Volkmar Voit im Alter von nur 34 Jahren. Seine Witwe heiratete den Orgelmachergesellen Johann Ludwig Bürgy (1761 – 1838), der seinen Stiefsohn Louis (1802 – 1883) zum Orgelbauer ausbildete und 1835 zum Teilhaber und Nachfolger ernannte. Der Sohn von Louis Voit, Heinrich Voit sen., übernahm 1870 die Firma und baute sie – wie zu Beginn beschrieben – mit seinen Söhnen zur Firma „H.Voit & Söhne“ aus und war wie bereits erwähnt der Erbauer der Stettfelder Kirchenorgel.

Der erste Weltkrieg riss das erfolgreiche Familienunternehmen nieder. Die meisten Mitarbeiter wurden eingezogen und kehrten nicht zurück. Carl Hess (1879 – 1943), langjähriger Betriebsleiter und Intonateur, hielt mit Emil und Siegfried Voit den Betrieb notdürftig aufrecht.

1920 gründete Carl Hess eine eigene Firma, wurde Konkurrent und förderte damit zusätzlich den Niedergang seines einstigen Arbeitgebers. Hinzu kam, dass der Sohn von Heinrich Voit jun., Hans Voit (1904 – 1994), Durlach den Rücken kehrte und 1930 in Stendal eine eigene Firma gründete. Das Ende der Firma „H.Voit & Söhne“ war damit eingeleitet. Sie existierte bis 1932.

 
Nachfolgend ein „kleiner“ Auszug der Orgelbauten der Firma H. Voit & Söhne

1870 Forst, St. Barbara
1783 Hilsbach, ev. Kirche
1875 Heidelberg, Jesuitenkirche
1877 Mannheim, St. Sebastian
1879 Eppingen, ev. Stadtkirche
1879 Weidenthal, St. Simon u. Judas Thaddäus
1879 Zweibrücken, Heilig-Kreuz-Kirche
1880 Lambrecht, Herz-Jesu-Kirche
1887 Eschbach, St. Agnes
1890 Forbach, St. Johannis
1891 Kirrlach, kath. Kirche
1892 Jöhlingen, St. Martin
1893 Stettfeld, St. Marcellus
1893 Edingen-Neckarhausen, Ev. Kirche
1894 Sankt Ingbert, St. Joseph
1895 Durlach, Stadtkirche
1896 Karlsruhe, Großherzoglich-Badische Grabkapelle
1898 Münsterappel, Klosterkirche
1900 Durlach, St. Peter u. Paul
1900 Trier, Treveris-Festhalle
1902 Gillenfeld-Eifel, St. Andreas
1904 Asbach, St. Mariae, unbefl. Empfängnis
1903 Heidelberg, Stadthalle
1903 Mannheim, Musensaal Rosengarten
1905 Karlsruhe, St. Bernhard
1906 Karlsruhe, St. Cyriakus
1907 Lichtental, Lutherkirche
1907 Mannheim, Lutherkirche
1907 Budapest, Kgl. Ung. Landes-Musik-Akademie Franz Liszt
1908 Paris, Musikschule (3-manualige Orgel mit 50 Registern)
1910 Düsseldorf-Pempelfort, Kreuzkirche
1912 Prag, Smetana-Saal
1912 Baden-Baden, Hofgut Maria Halden
1913 Mannheim, Schlosskirche
1913 Rotenberg, St. Nikolaus
1915 Karlsruhe, Konzerthaus
1916 Baden-Baden, Kurhaus
1917 Krefeld, Stadthalle
1921 Baden-Baden, St. Bernhard

 
Orgelbeschreibung

2 Manuale, Fußbass (2 Oktaven), 6 Koppeln, 19 Register

 
Manual1, (9 Register)

Bourdon 16´
Flöte 8´
Gamba 8´
Prinzipal 8´
Gedeckt 8´
Hohlflöte 4´
Oktave 4´
Piccolo 2´
Mixtur

 
Manual 2, (6 Register)

Prinzipal 8´
Gedeckt 8´
Salicional 8´
Aeoline 8´
Fugara 4´
Sesquisalter

 
Pedal

Subbass 16´
Violonbass 16´
Oktavbass 8´
Choralbass 4´

 
Koppeln

Manual 1 und Manual 2
Manual 1 und Pedal
Manual 2 und Pedal
Kollektiv Piano
Kollektiv Forte
Kollektiv Tutti

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