Von Karl Simon

Nahezu 50 Jahre läuten heute im Jahr 2000 die Glocken der kath. Pfarrkirche St. Nikolas in Weiher in Frieden und Freiheit den Sonntag ein. Sie rufen die Weiherer Bürger zum Gottesdienst. Sie künden von der Taufe, von der Trauung und vom Tod.

Mitten im 2. Weltkrieg – im Jahre 1942 – wurden die alten Bronzeglocken auf Anordnung der Reichsregierung und Zustimmung des erzb. Ordinariats in Freiburg vom Turm der Pfarrkirche geholt, abtransportiert und für Kriegszwecke verwendet. Die kleinste (Taufglöcklein) der vier Glocken wurde belassen, damit man wenigstens noch mit einer Glocke läuten konnte. Dieses Glöcklein hängt heute im Turm bei der Leichenhalle. Pfarrer Heneka – 1871 bis 1943 – aus Weiher hatte es gestiftet. Hersteller dieser Glocke war die Fa. Allmers aus Bruchsal.

Der damalige Ortsgeistliche Pfr. Karl Vogel – von 1935 bis 1950 Pfarrer in Weiher – und die Bevölkerung mussten schweren Herzens zusehen, wie 1942 die Glocken vom Turm geholt und abtransportiert wurden. Nach dem 2. Weltkrieg war es Pfr. Vogels fester Wille, sobald als möglich neue Glocken zu beschaffen. Die Zeit hierfür schien ihm bald nach der Währungsreform gekommen. So holte er im Jahre 1949 aus ganz Deutschland Kostenvoranschläge ein. Den Zuschlag erhielt die Glockengießerei F.W. Schilling, Heidelberg und schon am 17.10.1949 bezahlte Pfr. Vogel an die Fa. Schilling einen beachtlichen DM-Betrag für das Glockenmetall.

Feierlicher ZugAm Sonntag, dem 30. April 1950 konnten die vier neuen Glocken geweiht werden. Samstags, am 29.04.1950, gegen Abend, wurden die neuen Glocken am oberen Ortseingang von Weiher vom Pfarrer mit Ministranten, den kath. Stiftungsräten und den politischen Gemeinderäten mit Frack und Zylinder, von der Einwohnerschaft und unter Beteiligung aller Ortsvereine abgeholt. In feierlichem Zug wurden sie auf einem LKW des Fuhrunternehmers Karl Holzer aus Weiher zum Rathaus geleitet. Vor dem Rathaus hatten sich viele Leute, Jung und Alt, versammelt, um beim feierlichen Empfang der Glocken dabei zu sein. Auf dem Rathausportal stehend und zu der versammelten Menschenmenge gewandt begrüßten Pfr. Vogel und Bürgermeister Hermann Lang mit Ansprachen die neuen Glocken und die versammelten Einwohner. Schulkinder trugen Prologe vor. In der versammelten Menge herrschte Freude und große Begeisterung. Es handelte sich um ein großes und bedeutendes Ereignis für den Bruhrainort Weiher. Für die musikalische Umrahmung sorgten der Musikverein Weiher unter der Leitung seines Dirigenten Markus Bader, der Männergesangverein 1876 Weiher und der Kirchenchor unter der Leitung von Hptl. Kurt Pfenninger.

Vier neue GlockenDie vier neuen Glocken wurden nach dem feierlichen Empfang zur Kirche geleitet und dort an der Turmseite Aufgehängt.

Am nächsten Tag, Sonntag, 30.04.1950, wurden die Glocken nachmittags vom Ortspfarrer Vogel geweiht. Dabei assistierten ihm die Herren Pfarrer der Nachbargemeinden Stettfeld Weibel und Ubstadt Eisele. Der Kirchenchor und der Männergesangverein sowie der Musikverein Weiher gaben der kirchlichen Weihe einen feierlichen musikalischen Charakter. Auch hier war eine große Anzahl von Begeisterten versammelt.

Am dritten Tag, Montag, 1. Mai 1950, fand nun ein großer Glockenbasar statt. Es wurden verlockende Preise verlost. Während die Verlosung im „Nikolaussaal“ (oberer Saal in der Kinderschule, Gasthaus Krone) stattfand, wurde im Schulhof und im Schulhaus bewirtet. Dort standen neben Speisen auch ein edler Rebensaft und Fassbier zur Auswahl bereit. Die Blasmusik und die berühmte Kapelle Stohner spielten abends zum Tanz auf. Der Reinerlös des Festes war für den Glockenfond bestimmt.

Die Glocken kamen dann in der Woche nach dem 1. Mai auf den Turm in den Glockenstuhl. Die Fa. Umag aus Weiher hatte bereits den Glockenstuhl und die Glockenlager montiert. Bei der Montage war ein spezieller Monteur dabei. Auch die Glockenarmaturen und die Glockenköppel wurden von der Fa. Umag montiert.

Die in den Glocken eingelassenen und erhabenen Texte:

Nr. 1 Große Glocke
„Im Jubeljahr 1950
als Pius XII. Papst in Rom
Dr. Wendelin Rauch Erzbischof in Freiburg
Karl Vogel Pfarrer
und Herrmann Lang Bürgermeister waren
wurde ich für die Gemeinde Weiher gegossen.“
Nr. 2 Zweitgrößte Glocke
„In Deutschland schweren Sorgen,
wo keiner weiß was morgen.
St. Nikolaus bitte für uns!“
Nr. 3 Drittgrößte Glocke
„Des Herren Tod in Ehrfurcht grüß
die Opfer des Krieges nicht vergiß!“
Nr. 4 Kleine Glocke
„Maria mit dem Kinde lieb
uns allen Deinen Segen gib.“

 

≫ Glockengeläut von St. Nikolaus zum Anhören

Die Finanzierung verlief problemlos. Die Glockengießerei F.W. Schilling Heidelberg, die Fa. Umag Weiher, der Monteur und der Glockenprüfer stellten der Pfarrei insgesamt 17.462,40 DM in Rechnung. Diese Kosten wurden durch freiwillige Gaben laut Kostenaufstellung von Pfr. Vogel mit 16.862,30 DM fast gedeckt. Die restlichen 600.- DM kamen aus dem Kirchenfond nach Genehmigung durch den erzb. Stiftungsrat.

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