Reihe: Geschichten aus der Vergangenheit! Heute: Inflation in Weiher

Foto: Pixabay

In dem uns zur Verfügung gestellten Tagebuch des Weiherer Bürgers Paul Simon I sind auch die Auswirkungen der Inflation zu Beginn des 20. Jahrhunderts enthalten.

Über die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise mit der fortschreitenden Inflation berichtet er wie folgt:

„1919 + 20

In diesen zwei Jahrgängen begann eine große Teuerung. 1919 wurde der Zentner Weizen mit 300 – 400 Mark bezahlt, die Hopfen mit 1.500 -2.500 Mark. Ein Paar Schuhe kostete 200 – 250 Mark. Die Preise schwankten öfter hin und her, blieben aber meist auf der oben genannten Höhe. Fleisch kostete das Pfund 15 – 20 Mark, Eier 2 Mark, Milch 1,5 – 2 Mark. Ein Brezel 60 Pfennige. Ein Pfund Zucker 3,80 Mark auf Karten. Der freie Schieberzucker (auf dem Schwarzmarkt ohne Bezugskarten) bis 12 Mark das Pfund. Es gab eine reiche Zwetschgenernte und der Zentner kostete bis 52 Mark. Der Liter Zwetschgenwasser kostete bis 50 Mark. Äcker und Vieh kosteten auch sehr viel Geld. Ein Acker oder eine Wiese galt öfters 4.000 – 5.000 Mark. Eine schöne junge Kuh kostete bis 14.000 Mark. Der Durchschnitt war bei einer Kuh einige Zeit bei 8.000 -10.000 Mark.

Im Jahr 1920 erlebten wir die größte Teuerung, Kälber kosteten bis 2.000 Mark, Milchschweine je nach der Zeit 600 bis 1.000 Mark das Paar. Mastschweine je nach Gewicht bis 4.000 Mark. Allerdings gab es sehr wenig zu kaufen.

Vom 19. – 20. April wurde Pfälzer Tabak gekauft und verkauft, das Pfund 20 – 30 Mark. Eine Zigarre kostete 3 oder 4 Mark. Ein Sonntagsanzug 1.000 – 2.000 Mark, ein Hemd 100 Mark, ein Hut 80 – 100 Mark usw..

1921

Der Zentner Kleeheu kostete 120 – 130 Mark und noch mehr. Wiesenheu 100 – 120 Mark. Kartoffeln 80 – 120 Mark. Schweineschmalz kostete das Pfund im Nov. und Dez. 35 – 50 Mark. Ein Schwein von 4 Zentnern Lebendgewicht 6.000 – 8.000 Mark. Das Geld hatte durch die sehr schlechten Valuten fast keinen Wert mehr.  Die Mark galt zu dieser Zeit nicht einmal mehr als ein Pfennig. Bei Hopfen war der Preis zuerst 3.000 Mark pro Liter und später 5.000 bis 6.000 Mark: Im November stieg er bis 14.000 Mark.

1922 war ein sehr schlechtes Jahr, vor allem wegen der großen Teuerung. Es kostete ein Liter Milch 100 Mark, Fleisch1.000 Mark, Ei 180 Mark, Schuhe 20.000 Mark, Hemd 5.000 Mark, Anzug 60.000 -100.000 Mark usw..

Das Jahr 1923 war für Deutschland ein fürchterliches Jahr. Die Menschen mussten bei vollen Scheuern Hungersnot erleiden. Der Preis für Hopfen war pro Pfund von 15 – 100 Millionen Mark.

Innerhalb 8 Tagen waren 100 Millionen vernichtet, so starken Fortschritt hat die Geldentwertung bewirkt. Im März war in der Hauptsache der 1.000-Markschein im Umlauf. Gleich darauf kam der 100.000, 150.000 bis 1 Million auf. Im Oktober und November der Billionenschein. Am 15. November war dann die Währungsreform, eine Billion wurde gleich 1 Rentenmark. In den letzten Tagen des Novembers wurde die Rentenmark dann stabil. Aber das alte Papiergeld blieb noch nebenbei gültig, und zwar zum Kauf von Rentenmark, 1 Billion = 1 Rentenmark. Und von diesem Zeitpunkt ab war wieder alles in Hülle und Fülle da, Fleisch, Mehl und Futtermittel. Das ganze Jahr hindurch war vorher nichts mehr zu haben, da die Geldentwertung jede Stunde zugenommen hat. Die Geschäfte gingen deshalb alle durchweg sehr schlecht. Die meisten Leute waren arbeitslos und daher herrschte großes Elend. Die Zigarrenfabriken standen auch zum größten Teil längere Zeit still. Meistens wurde auch mit Verkürzung gearbeitet 24, 18 und 16 Stunden in der Woche. Durch die Geldentwertung kam es oft vor, dass ein Arbeiter für eine Woche Arbeitszeit kaum noch eine Mark Lohn hatte.“

Zur Info: Die deutsche Inflation von 1914 bis November 1923 war eine der radikalsten Geldentwertungen in großen Industrienationen. Die

Vorgeschichte dieser Hyperinflation findet sich in der Finanzierung des Ersten Weltkrieges. Mit dem Ende des Krieges 1918 hatte die Mark bereits offiziell mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren, genauer: ihrer Kaufkraft im Innen- und Außenverhältnis. Allerdings waren die Preise während des Krieges kontrolliert, auf dem Schwarzmarkt waren die Preise jedoch bereits weit stärker gestiegen. Eigentliche Ursache der ab 1919 anziehenden Inflation, die ab Mitte 1922 in eine Hyperinflation überging, war die massive Ausweitung der Geldmenge durch den Staat in den Anfangsjahren der Weimarer Republik aufgrund der hohen Reparationszahlungen.

Quelle: Teupe 2022, S. 17 – 23

Autorin: Beate Harder

Right Menu Icon