Aus der Reihe „Handel und Handwerk im Wandel der Zeit“ Heute: Bäckerhandwerk in Weiher – Schluss

Rolf Heneka Meisterprüfung 1991. Foto: Heimatverein Ubstadt-Weiher e.V.

Bäckerei Theodor Beyer, Ritterstraße 25

Das Gebäude in der Ritterstraße 25 mit Wohnhaus, Backstube und Verkaufsraum wurde nachweislich 1899 errichtet (siehe Foto). Theodor Beyer (1891 – 1948) aus Ubstadt und seine Ehefrau Hilda Herzog (1900 – 1981) aus Weiher betrieben hier seit 1928 eine Bäckerei. Aus der Ehe gingen vier Töchter hervor, Hildegard (1924 – 2003), Maria (1925 – 2004), Magdalena (1929 – 2005) und Irmgard (1932 – 2008). Tochter Maria wohnte mit Ihrem Ehemann Hermann Holzer (1923 – 2002, Postler in Weiher) im Elternhaus und überbrückte zusammen mit ihrer Mutter Hilda und Schwester Hildegard die Kriegsabwesenheit des Vaters und Bäckermeisters Theodor. So konnte der Bäckereibetrieb (siehe Foto) notdürftig bis zur Rückkehr des Mannes und Vaters schwerverletzt und todkrank 1948 aufrechterhalten werden. Bäckermeister Theodor Beyer verstarb an seinen schweren Kriegsverletzungen kurz nach der Rückkehr noch im Jahre 1948. Tochter Magdalena und Ehemann Hans Weindel, Bäcker (1921 – 2005) aus Stettfeld führten die Bäckerei noch einige Jahre weiter. Im Jahre 1954 pachtete Bäckermeister Gregor Heneka aus Neuthard mit seiner Ehefrau Helene geb. Schneider die Bäckerei, bevor sie im Jahr 1959 in der Hahnenstraße 11 einen Neubau errichteten.

„S’Beyer-Bäckers“ hatten sich mit hausgebackenen Naturbrotsorten und besonders den knusprigen Laugenbrezeln einen guten Namen gemacht. Wie auch die anderen ortsansässigen Bäcker, backte man die vorbereiteten Brote der Kunden zweimal wöchentlich. Die Bäckerei war ein schöner Treffpunkt für die Kundinnen aus der Ritter-, Haupt- und Hirschstraße beim Warten auf das fertig gebackene Brot, wo manche Rezepte und Neuigkeiten dabei ausgetauscht wurden.

Zu Festtagen wurde auch in der Backstube besonderes vorbereitet: Ostern bot man leckere Osterlämmchen, blechgroße Hasen und Puppen aus Hefeteig mit Rosinen und Haselnüssen als Augen an. Zur Erstkommunion wurden kleine Kuchen und besondere Torten mit Buttercreme und Marzipanverzierung sowie Linzertorten angefertigt. Das Weihnachtssortiment umfasste Printen, Buttergebäck und aufwendige Springerlen. Ein besonderer Höhepunkt waren die Hochzeitstorten mit „Täubchen“ und Motiven auf Bestellung (siehe Foto). Im Verkauf waren außerdem Lebensmittel für den täglichen Gebrauch.

Hilda Beyer geb. Herzog lebte bis zu ihrem Tod 1981 in den umgebauten Verkaufsräumen der alten „s’Beyer-Bäckers“ Bäckerei in einer kleinen Wohnung zusammen mit ihrer zweiten Tochter Maria Holzer geb. Beyer und deren Ehemann Hermann.

Bäckerei Gregor Heneka, Hahnenstraße 11

Mit dem Neubau der Bäckerei im Jahr 1959 in der Hahnenstraße (siehe Foto) brachen moderne Zeiten an: Ein moderner Kohleofen, der das Wasser erhitzte und durch ein Röhrensystem den dreistöckigen Backraum erhitzte, ermöglichte es, große Mengen an Backgut innerhalb kurzer Zeit abzubacken. Ein Hubkneter, eine Anschlagmaschine für Sahne und Cremes und ein halbautomatischer Teigteiler erleichterten die schwere Arbeit in der Backstube. In den 1980er Jahren schaffte man einen automatischen Teigteiler an, der bis heute seinen Dienst in der Bäckerei Heneka verrichtet.

Mit der Bäckerei Heneka kamen zum üblichen Backsortiment von Brot, Brötchen und Kleingebäck eine große Tortenparade sowie Feingebäck wie Eclairs und Cremeschnitten nach Weiher (siehe Foto). An Feiertagen wie Ostern, Kommunion, Weihnachten und Neujahr rauchten auch in der Bäckerei Heneka in der Hahnenstraße 11 die Kamine. Auch hier wurde eine große Auswahl an Lämmchen, Christstollen, Plätzchen und Neujahrsbrezeln an die dankbare Kundschaft abgegeben. Die Bäckerei Heneka bot ihren Kundinnen auch den Service, ihre mitgebrachten Brote und Kuchen zu backen.

Die besonderen Spezialitäten der „Feinbäckerei“ Heneka aber waren ihre ausgezeichneten Kuchen und Torten. Besondere Verkaufsschlager waren die kleinen Cremeigel, Haselnusstörtchen und die Käseschneckennudeln nach dem geheim gehaltenen Familienrezept. Für die Schwarzwälder Kirschtorte hatte man eigens mehrere Sauerkirschbäume im Garten, ebenso für Apfelkuchen einen Apfelbaum. Die Verwendung von regionalen Produkten stand im Vordergrund.

Mehl wurde von der Zeuterner oder Odenheimer Mühle eingekauft, Eier kaufte man beim Eier-Hof Heitlinger in Eppingen, woher sie bis zum heutigen Tag bezogen werden. Die übrigen Zutaten kamen von der Bäckereinkaufsgenossenschaft.

Ein kleines Lebensmittelsortiment rundete das Angebot der Bäckerei Heneka ab, Obst, Gemüse und Dinge des täglichen Lebens wurden von den Hausfrauen gerne gekauft.

Gregor Heneka (1919 – 1999) und seine Frau Helene geb. Schneider (1919 – 2001) führten viele Jahre ein erfolgreiches Geschäft (siehe Foto). Die drei Söhne Reinhold (1951 – 2019), Klaus (1956 – 2014) und Rolf (1964) ergriffen ebenfalls den Beruf des Bäckers, Reinhold wurde bei Vater Gregor ausgebildet, die Ausbildung von Klaus und Rolf erfolgte bei der Bäckerei Finster in Bad Schönborn. Auch die beiden Töchter Christa (1949 – 2009) und Ute (1961) sowie die Ehefrau Helene arbeiteten als Bäckereifachverkäuferinnen im Betrieb mit (siehe Foto). Sohn Klaus übernahm 1987 mit Ehefrau Gudrun geb. Ziesemer (1960) das elterliche Geschäft und betrieb die Bäckerei in der Hauptstraße 65 als Filiale. Dort errichtete er im Jahr 1989 im hinteren Bereich des Anwesens ein neues Wohnhaus mit Backstube. Hier standen eine sehr moderne, gut ausgestattete Backstube und ein ansprechender Verkaufsraum zur Verfügung. Nach dem kompletten Umzug in die neue Bäckerei wurde die Stammbäckerei in der Hahnenstraße 11 noch einige Jahre mit Backwaren beliefert. Anfang der 2000er Jahre schloss diese Verkaufsstelle, um 2005 durch Sohn Rolf (siehe Foto) wiederbelebt zu werden. Auch Rolf bietet ein breites Sortiment an beliebten Backwaren an. Torten und Kuchen werden gerne auf Bestellung angefertigt. „Handwerkerbrötchen“, belegte Brezeln und Kaffee sind ein weiteres besonderes und gerne angenommenes Angebot des Geschäfts. Der ultimative „Sattmacher“, die Käsebrezeln und der Krakauerweck stärken selbst den ausgehungertsten morgendlichen Kunden.

Hervorzuheben ist der angenehme soziale Kontakt mit den Kunden, gerne wird ein Schwätzchen gehalten oder deren Sorgen angehört. Legendär ist das „Schmutzige Donnerstag“- Frühstück am darauffolgenden Freitag, wo die „Faserbutzer“ auch schon mal mit dem Taxi anfahren und wieder abgeholt werden, um die „Tollen Tage“ gestärkt zu überstehen.

Mit Gabi Blantz geb. Heneka (1970) arbeitet bereits die dritte Generation von Bäckermeistern in dem Traditionsbetrieb. Aber wie in vielen Handwerksbetrieben ist auch hier eines Tages die Frage nach der Nachfolge offen.

Aber am Ende entscheidet immer der Kunde, ob ein Handwerksbetrieb überleben kann oder nicht. Bäckermeister Rolf Heneka ist im weiten Umkreis einer der letzten seines Metiers und die Kunden schätzen die handwerkliche Qualität seiner Produkte.

Weitere Berichte über die Geschichte ehemaliger Handwerksbetriebe in Ubstadt-Weiher können Sie auf unserer Homepage nachlesen.

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