Brettener Dauerleihgaben im Firstständerhaus Zeutern: Peter- und-Pauler unterstützen den Heimatverein Ubstadt-Weiher mit „ernstem Feuerwerk“

Foto: Christina Fulde-Lobejäger

Das Firstständerhaus in Zeutern ist nicht nur das älteste bekannte Gebäude des Weinorts, sondern auch eines der bedeutendsten regionalen Baudenkmale zur Hauskultur des 15. Jahrhunderts. Damit bietet es den zeitlich perfekten Rahmen für den Besuch der entsprechend gewandeten Mitglieder der Brettener Artillerie 1504. Doch ging es um mehr als nur um eine fachkundige Führung durch das Haus – es ging auch um zwei Brettener Dauerleihgaben, die künftig in Zeutern zu sehen sein werden.

Das Firstständerhaus wurde 1458 auf einem um rund einhundert Jahre älteren Gewölbekeller errichtet, wobei nicht eindeutig zu klären ist, wer die ursprünglichen Bewohner waren. Zweifelsfrei klar ist jedoch die spezielle Bauweise, die um 1550 aus der Mode kam: Die beiden Firstständer, immerhin elf Meter lange, eicherne Säulen, wurden im Winter 1457/58 gefällt, und bald darauf verbaut. Ansonsten weiß man (bislang) nichts über die Erbauer, erst 1833 liegen urkundlich gesicherte Angaben zum Haus vor. Die schiere Dimension gibt jedoch Anhaltspunkte: Dies war kein einfaches Bauernhaus, sondern eines der „besseren“. Der Hof des Maulbronner Klosters vielleicht? Oder der Hof des Stifts St. German in Speyer? Beide hatten Besitz im Dorf, der wollte verwaltet sein. Vielleicht war es das Pfarrhaus, oder des Schultheißen Haus? Der hatte die Mitglieder einer Gemeinde zur Leistung ihrer Schuldigkeit anzuhalten, also Abgaben einzuziehen oder für Recht und Ordnung zu sorgen, er ist der, der „die Schuld heischt“. Noch heute nennt man den Bürgermeister in vielen Gemeinden den „Schultes“.

Dass dieses Haus heute noch steht, ist ein Glücksfall, zumal es auch hier Brände und Zerstörungen gab, auch im Dreißigjährigen Krieg: „Wann es genau brannte, das wissen wir nicht. Es ist aber gut denkbar, dass feindliche Truppen den Hof in Brand gesetzt und das Wohnhaus dabei schwer beschädigt haben“, berichtet Christian Mannek, Vorstandsmitglied des Heimatvereins Ubstadt-Weiher, der die Brettener Gäste durchs Haus führte. „Aus dem ältesten Verzeichnis der Hausbesitzer in Zeutern, dem so genannten Beetbuch von 1667, wissen wir lediglich, dass 19 Jahre nach Ende des Krieges immer noch 67 der 156 Häuser und Hofstätten in Zeutern als „verbrannt“ galten. Insofern ist die Überlieferung, dass das Firstständerhaus ein Opfer der Flammen wurde, keinesfalls von der Hand zu weisen.“

In Brand gesetzt wurden Gebäude in der Frühen Neuzeit auch mittels Pechkränzen, auch dem Heidelberger Schloss widerfuhr dieses Schicksal am 2. März 1689, hierbei kamen mehrere hundert Pechkränze zum Einsatz. Entsprechend liegt die Vermutung nahe, dass auch das Firstständerhaus in Zeutern Bekanntschaft mit solchen Kränzen machen musste, mit deren Rekonstruktion sich seit geraumer Zeit die Brettener Artillerie 1504 befasst. Im Zentrum stehen hierbei nicht nur Pechkränze, sondern auch so genannte Brandballen, die vor allem bei Belagerungen zum Einsatz kamen: „Diese wurden brennend in eine Stadt geschleudert, waren kaum löschbar, rollten umher, angetrieben von zusätzlichen Schwarzpulverladungen, die zudem Kugeln verschossen, und setzten alles in Brand, was in Reichweite war. Die Feuersäule, die solch einem Ballen entweicht, wird gut 1.300 Grad heiß und bis 150 Zentimeter lang – wir konnten das bereits experimentell nachweisen“, erklärte Heiko P. Wacker im Rahmen der Führung, und fügte an: „Eine Chronik zur Belagerung Brettens 1504 berichtet von solchen Ballen, die brennend in die kurpfälzische Amtsstadt flogen. Ein hässlicher Teil unserer Geschichte, das darf nicht vergessen werden. Und das betonen wir auch stets, wenn wir solche Ballen im Rahmen unserer Vorführung am Simmelturm zum Einsatz bringen!“

Mit diesen Worten durfte das Vorstandsmitglied der Brettener Artillerie 1504 zwei der handgefertigten Beispiele des militärischen Feuerwerks an Christian Mannek überreichen – auch als Dank für eine außergewöhnliche Führung durch ein außergewöhnliches Haus. Dort werden der Brandballen und der Pechkranz, es handelt sich natürlich um ungefährliche Modelle, bei künftigen Führungen zum Einsatz kommen. „Jeder darf dann einmal Ballen oder Kranz in die Hand nehmen, auch so wird Geschichte begreifbar“, freut sich Christian Mannek, der die beiden Raritäten mit Freude in Verwahrung nahm. Zugleich versprach er, sich die nächste Vorführung zum Thema, Dr. Wacker moderiert diese unter dem Titel „Die Kunst, das Feuer zu beherrschen“ am Peter-und-Samstag am Simmelturm, selbst anzuschauen. „Filme habe ich schon gesehen – aber selbst dabei zu sein, das hat sicher noch eine ganz andere Qualität“, freut er sich.

Quelle: BA1504

 

 

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