Fronleichnam in Weiher – damals und heute

Fronleichnam 1965, Brunnenstraße Weiher. Foto: Archiv Heimatverein Ubstadt-Weiher e.V.

 

Unsere Weiherer Mitglieder Paul Lang und Heinz Neuthard haben auf Bitten unserer 1. Vorsitzenden Ursula Hohl ihre Erinnerungen an frühere Fronleichnamstage in Weiher aufgeschrieben, die wir nachstehend veröffentlichen.

Herzlich danken wir unseren beiden langjährigen, aktiven Mitgliedern für ihr erneutes Engagement und auch denjenigen Personen, die uns zusätzlich noch Informationen und Fotos zu diesem Bericht zukommen ließen.

Hier der Bericht:

Der Fronleichnamstag war früher in katholischen Ortschaften ein besonderer Festtag der ganzen Gemeinde. Fronleichnam ist die Bezeichnung für das Hochfest des allerheiligsten Leibes und Blutes Christi, mit dem die leibliche Gegenwart von Jesus im Sakrament der Eucharistie gefeiert wird. Das Fronleichnamsfest wird stets am Donnerstag der zweiten Woche nach Pfingsten begangen.

Schon Tage zuvor wurden in Weiher auf Feldern und Wiesen Blumen gesammelt, um den Prozessionsweg zu schmücken und vor allem die Blumenteppiche vor den Altären zu gestalten. Das Gras, das über die ganze Straße gestreut wurde, besorgten die Anwohner selbst, die Maien / Birken wurden am Tag zuvor durch die Gemeinde verteilt. Die meisten Häuser waren mit der weiß-gelben Kirchenfahne oder auch mit einer weiß-blauen Fahne beflaggt (siehe Foto).

Noch bis Ende der 1960er Jahre wurden neben Heiligenfiguren auch „Maien“, sogenannte Buchenbäumchen, auf den Gehwegen aufgestellt. Um sie zu festigen, wurde am Rinnstein ein Pflasterstein entfernt und in diesen Hohlraum wurden die Bäumchen in kurzen Abständen aufgestellt, auch rund um die Altäre. Nach der Prozession wurde alles wieder entfernt. Das Häcksel landete auf dem Misthaufen, die Maien nahmen die Buben mit und bauten sich daraus ein „Maienhäuschen“, das sie nach der sonntäglichen Mittagsandacht gleich bezogen.

In den 1980er Jahren waren die Häuser nur noch vereinzelt mit Bildern und Heiligenfiguren geschmückt und es standen Blumenkübel auf den Gehwegen. Auch gestaltete man den Prozessionsweg auf der ganzen Strecke mit einem schmalen Blumenteppich in der Mitte der Straße. Das Gras hierzu wurde am Tag zuvor durch Mitglieder des Pfarrgemeinderates gemäht und gehäckselt.

Am Fronleichnamstag wurde morgens ab fünf Uhr das gehäckselte Gras ausgefahren.

In späteren Jahren gestaltete man nur noch einen Blumenteppich von der Kirchentreppe zum Altar auf dem Kirchplatz.

Bis Ende der 1960er Jahre waren entlang des Prozessionsweges vier Altäre aufgebaut. Jede Station war einem Evangelisten gewidmet und dort wurde auch das jeweils entsprechende Evangelium vorgetragen.
Über diese vier Altäre werden wir einmal gesondert berichten.

Nach den Fürbitten, dem Tantum ergo und dem sakramentalen Segen zog die Prozession jeweils weiter zum nächsten Altar.
In Weiher ging die Prozession zunächst durch die Hauptstraße ins Unterdorf, wo beim Kreuz der erste Altar aufgebaut war.
Danach zog man durch die Ritterstraße zum zweiten Altar, der vor dem Anwesen der Küferei Böser aufgestellt war.
Von dort ging es durch die Hirschstraße zurück zur Hauptstraße und bei der Bäckerei Albrecht bog die Prozession in die Brunnenstraße ein.

Hier stand, in Höhe der Stichstraße zur Schulstraße, beim Anwesen Emil bzw. Wendelin Meister der dritte Altar.
Von der Schulstraße aus bog man gleich in die Forster Straße ab, wo sich der vierte Altar an der Ecke Forster Straße / Hahnenstraße, vor dem Anwesen Schauermann, befand.

Danach ging es durch die Hahnenstraße auf die Hauptstraße zurück zur Kirche, in der die Prozession ihren Abschluss fand.

Bezüglich der Reihenfolge der Teilnehmer wurden noch weitere Zeitzeugen befragt.
Sie erinnerten sich, dass die Prozession mit den Ministranten mit Kreuz und Fahne angeführt wurde. Die Kirchenfahnen trugen Freiwillige. Dann kamen die Kinder des Kindergartens mit Blumenkörbchen und die Schulkinder mit gelb-weißen Fähnchen. Danach die Erstkommunionkinder, die eine Blume in der Hand hielten. Die Blumen wurden später zu einem Strauß gebunden, der dann in der Kirche aufgestellt wurde.
Danach kamen die Musikkapelle, der Kirchenchor, dann der Pfarrer mit der Monstranz unter dem sogenannten „Himmel“, der von vier Männern getragen wurde. Ihm folgten der Bürgermeister mit Amtskette sowie die Gemeinderäte, der Pfarrgemeinderat und der Stiftungsrat. Die Stiftungs- und Gemeinderäte erschienen mit Zylinder. Am Schluss folgten die Männer und dann die Frauen in ihrer Festtagskleidung.

Der Musikverein begleitete die Prozession mit Kirchenliedern. Die Ortsvereine nahmen selbstverständlich mit ihren Fahnenabordnungen teil. Hierzu fand eine Kirchenparade statt, die Vereine versammelten sich vor dem alten Rathaus (dort, wo sich heute die Mehrzweckhalle befindet) und stellten sich unter Anleitung des Feuerwehrkommandanten auf. Mit einem Straßenmarsch begleitete die Musikkapelle die Vereine zur Kirche.

Die Fahnenabordnungen zogen in die Kirche ein und stellten sich im Chorraum zum Festgottesdienst auf.

In späterer Zeit wurden die Prozessionswege verkürzt und auch von Jahr zu Jahr geändert. Man ging mal durch die Brunnenstraße, die Heerstraße und durch die Schulstraße zurück zur Kirche, vor dem Eingang zur Schule war ein Altar aufgebaut.
Oder der Weg führte von der Hauptstraße durch die Ritterstraße und die Hirschstraße zurück zum Kirchplatz bzw. über die Schulstraße, die Gärtnerstraße, die Hahnenstraße und die Forster Straße zurück zum Kirchplatz.
Nach Fertigstellung des Kirchplatzes errichtete man dort den Altar.

Zum Abschluss der Prozession wurde in der Kirche der Segen erteilt und gemeinsam das „Großer Gott, wir loben Dich“ gesungen. Die Vereine zogen dann wieder mit der Musikkapelle zurück zum Platz beim alten Rathaus.
Bis 1955 gab es den Oktavtag von Fronleichnam. Oktav, lateinisch octavus, der achte, bezeichnet in der katholischen Liturgie zum einen den achten Tag nach einem kirchlichen Hochfest, der als dessen Abschluss begangen wird, wie auch die acht Tage vom Fest bis zu seinem Oktavtag. Der Oktavtag fällt deshalb immer auf den gleichen Wochentag wie das vorangegangene kirchliche Hochfest. Solange es den Oktavtag von Fronleichnam gab, fand daher am achten Tag nach dem Feiertag in Weiher um sieben Uhr ein Hochamt statt und danach eine kleine Prozession. Diese ging von der Kirche zur Brunnenstraße, vorbei am „Gasthaus zur Rose“, um das Milchhäusel und wieder zurück zur Kirche. Bis zum Abschluss der Liturgiereform in den 1960er Jahren wurden die Oktavtage stark reduziert und nun haben nur noch Ostern und Weihnachten einen Oktavtag.

Da wir im nächsten Jahr zu Fronleichnam über die Altäre in Weiher berichten wollen, würden wir uns freuen, wenn Sie uns dazu Fotos und Informationen an unsere 1. Vor-sitzende Ursula Hohl, Tel.-Nr. 07251/60469 oder E-Mail: Ursula.Hohl@heimatverein-ubstadt-weiher.de, geben würden. Und zögern Sie nicht, uns anzurufen, wir sind auf Ihre Mithilfe angewiesen, um dieses alte christliche Brauchtum für unsere Kinder und Enkel festhalten zu können.

 

 

 

 

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