Vor 150 Jahren erfolgte die Einweihung der St. Nikolauskirche in Weiher

Am 6. Juli 1872 erfolgte die Konsekration der St. Nikolauskirche in Weiher. Anlass für unsere Weiherer Ortsteilvertreterin Beate Harder einen kirchengeschichtlichen Blick auf den Bau der Weiherer Kirche zu werfen. Hierfür danken wir ihr sehr herzlich.

Hier ihr Bericht:

Die erste auch kirchenrechtlich bestimmbare Nachricht über die Kirche in Weiher stammt aus dem Jahre 1465/66, als bei einer Volkszählung auch die Kirchen und Pfarreien erfasst wurden. Sie wurde in den Jahren 1440 – 1529 auf den Überresten einer älteren, wohl romanischen Kirche errichtet. Die spätgotische Kirche, von der uns heute der sogenannte „Alte Chor“ erhalten ist, war mit einem Kreuzrippengewölbe abgedeckt, dessen Schlusssteine die Wappen der Orts- und Burgherren, der Bischöfe Raban von Helmstadt und Georg Pfalzgraf bei Rhein tragen. Das Helmstattische Wappen bezieht sich auf ihn als den Beginner des Baues, währen das zweite Wappen den Vollender, Bischof Georg repräsentiert.

„Die Pfarrkirche dahier ist in einem sehr erbärmlichen Zustand. Das Dachwerk sowohl des Chors wie auch des Langhauses ist dergestalten ruiniert, dass bei starken Regen das Wasser an den Wänden innerhalb der Kirche herabläuft. Nicht weniger gleichet von innen die Kirche mehr einer rauchigen Wachtstube als jenem heiligen Ort, wo eine ganze Gemeinde zur feierlichen Anbetung Gottes zusammenkommt! Gottes Haus, das zu etwas Großem, Erhabenem und Edlem bestimmt ist, weise dem gemeinen Mann im jetzigen Zustand einen eckelhaften Anblick!“ So klagte Pfarrer Könner in einem Schreiben an das Landamt in Bruchsal am 17. April 1811 über den misslichen Zustand der Kirche in Weiher.

Während in einem Bericht von 1693 die Kirche noch als fester Bau von nicht schlechten Maßverhältnissen geschildert wird, heißt es bereits bei einer Visitation 1700/1701, dass die baulichen Gegebenheiten in einem äußerst schlechten Zustand seien. „Es ist der Turm höchstnötig zu reparieren, da er bei längerem Anstand einzufallen beginne…“. Im Mai 1702 berichtete der Kislauer Faut gar, dass der Weiherer Kirchturm komplett neu eingedeckt werden müsse. Endlich im Jahre 1717 schien die alte Forderung nach Reparatur erfüllt zu werden: ein Bruchsaler Ziegler lieferte 3500 Ziegel, die sich allerdings als unbrauchbar erwiesen. So wird in einer erneuten Visitation die Pfarrkirche 1720 immer noch als reparaturbedürftig bezeichnet.

Ende des 18. Jahrhunderts musste sich der bauliche Zustand der Weiherer Kirche soweit verschlechtert haben, dass der Pfarrverweser Oberdörfer dem Generalvikariat „die schon von seinem Vorgänger vorgestellte zerfallene Lage der Kirche zu Weiher neuerdings in Erinnerung bringen“. Der Antrag wurde genehmigt und es scheint, dass die Reparaturen ausgeführt wurden. Am 15. Juli 1794 hatte allerdings der Sturmwind wiederum zwei große Löcher in den Turm gerissen und das Dach des Langhauses sowie der Sakristei war durch herabfallende Ziegel sehr beschädigt worden.

Die Klagen über den schlechten Zustand der St. Nikolauskirche in Weiher hörten nicht auf. In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam endlich die Zeit für einen Kirchenneubau. Am 20. Juni 1861 hatte Regierungsdirektor Fieser berichtet: „In Weiher ist die Kirche viel zu klein, daher ein Neubau dringend notwendig.“

Das erste große Problem war die Finanzierung, da die Gemeinde nicht die nötigen Mittel besaß, um ihren Anteil an den Baukosten zu tragen. Am 16. Februar 1863 erbot sich die Gemeinde, statt die Mittel zum Bau des Langhauses bereitzustellen, sämtliche für den ganzen Kirchenbau erforderlichen Hand- und Spanndienste (Verpflichtung zur Erbringung von Diensten) unentgeltlich zu leisten und ein Viertel der Baukosten des Langhauses zu übernehmen. Außerdem wurde der Kirchenneubau in nicht unerheblichen Maßen dadurch finanziert, dass die Gemeinde mehr als 10 Jahre auf einen eigenen Pfarrer verzichtete und nur von einem Pfarrverweser verwaltet wurde.

Auch bei der Bauplanung ging es nicht ohne Reibung und Verdruss ab, schon deswegen, weil drei Bauherren, ferner der Staat und die kirchlichen Aufsichtsbehörden mitzureden hatten. Die Bauplanung oblag dem von Friedrich Feederle geleiteten Erzbischöflichen Bauamt in Karlsruhe. Eine leichte Aufgabe hatte er allerdings nicht. Zunächst musste der darauf Rücksicht nehmen, dass nur verhältnismäßig geringe Mittel zur Verfügung standen. Um den schönen alten Chor zu erhalten, wollte er die neue Kirche in einer Richtung bauen, die zu jener der früheren senkrecht verlief, dies verletzte den konservativen Sinn der Ortsansässigen. Sie wollten von der gewohnten Seite her die Kirche betreten und verlangten, dass die komplette alte Kirche abgebrochen werden sollte. Federle war jedoch ein erfahrener Kirchenbaumeister, in Weiher konnte er zwar kein bedeutendes Kunstwerk schaffen, dafür war das Objekt zu klein und die Mittel zu gering. Es ist aber sein Verdienst, dass der alte Chor aus dem 15./16. Jahrhundert erhalten geblieben ist.

Am 21. April 1869 ermächtigte das Erzbischöfliche Ordinariat den Pfarrverweser Bunkhofer, den Grundstein der neuen Weiherer Kirche zu legen. Damit nahm der Kirchenbau seinen Anfang. Man ließ außer dem Chor auch das Langhaus der alten Kirche so lange wie möglich stehen, um darin Gottesdienste abzuhalten, während Chor und Langhaus der neuen Kirche emporwuchsen. Die Bauausführung litt wie die meisten Bauvorhaben unter nicht eingehaltenen Fristen, schlechtem Baumaterial, wechselnden Architekten und vor allem unter Geldmangel.

Endlich am 6. Juli 1872 konnte die Kirche konsekriert werden. Die Einweihung der neu erbauten Pfarrkirche fand durch den hochwürdigsten Erzbistumsverweser Dr. Lotharius Kuebel statt. Der Hochaltar wurde zu Ehren des heiligen Nikolaus, die Seitenaltäre zu Ehren des heiligen Antonius und zu Ehren der Himmelfahrt Mariae Virginis konsekriert. Bei dieser Feier waren aus der Geistlichkeit weitere Gäste anwesend, unter anderem der Hochwürdige Herr Dekan Konrad Haas, Pfarrer aus Kronau und weitere 15 Geistliche.

Diesen besonderen Tag finden wir in einem Artikel des „Badischen Beobachters“ vom 16.07.1872 bestens beschrieben: „Um 6 Uhr in der Frühe setzte sich der Festzug zum Empfang des hochwürdigen  Bischofs am Eingang des Ortes von der Kirche aus bis zur ersten Empfangsehrenpforte in Bewegung. Die sämtliche weibliche Jugend von 5 bis 18 Jahren in weißen Kleidern, ein Theil Blumen streuend, ein anderer Lilien, ein dritter Kränze tragend, der Ortsgeistliche mit Kreuz und Fahnen an der Spitze. Bald erfolgte die Ankunft des Bischofs unter dem Geläute der Glocken. Nachdem der Herr Bischof den Wagen verlassen hatte, begrüßte der Ortsgeistliche an der Spitze mehrerer anderer Geistlichen, des Bürgermeisters, des Gemeinderats und der Stiftungscommision den hochwürdigen Herrn, worauf sich der Zug, nach dem nun zu weihenden Gotteshause in Bewegung setzte. Vier Ehrenpforten waren erbaut vom Anfang des Ortes bis zur Kirche, weitere von da bis zum Ende des Ortes. Kein Haus, keine Straße, die nicht in vollem Schmucke prangte. Aller Augen strahlten Freudentränen beim Anblick des segnenden Oberhirten, umgeben von der ganzen Kinderschar im Kleide der Unschuld, Blumen streuend auf seine Pfade. Die Einweihungsfeierlichkeiten begannen mit einem Pontifikalamt. Zwanzig diensttuende Geistliche hatten sich um den Oberhirten geschart. Gegen Abend erfolgte die Abreise nach einer herzlichen Ansprache des Bischofs an die Kinder und alle, die in dem neueingerichteten Gotteshause versammelt waren, unter Hinweis auf die namenhaften Opfer, die Weiher zur Erbauung der Kirche gebracht habe.“

Quellen:

Hasselier „Geschichte des Dorfes und der Gemeinde Weiher am Bruhrain“

„Badischer Beobachter“ vom 16.07.1872

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