Zeuterner Gedicht zum Jahresbeginn: S’glói Jóh (Das kleine Jahr)

Abendrot von der Tiefelter Hohle mit Blick auf Rheinebene 2018. Foto: Harald Dorwarth

Unser Mitglied und Mundartbeauftragter in Zeutern, Theodor Stengel, hat ein Gedicht auf Zeuternerisch geschrieben, das wir Ihnen gerne zum Jahresbeginn, auch noch auf Hochdeutsch, zuteil werden lassen wollen. Wir danken Theodor Stengel sehr herzlich für sein Gedicht, das den Bogen spannt von Heiligabend bis Dreikönig.

 
S’glói Jóh

„Wónn ma s’Owadròd am Himml siehd
un da Himml faiarich gliehd,
hadd d’Uagròßmodda imma gsagd,
ass s’Chrischkindl sói Gudsl baggd.

Am Chrischdowad am segsa kummds vum Himml runna,
des isch jo s’allagreschde Wunna,
un schwebd am Doraf vun Haus za Haus
un daild allana sói Gschenga aus.

Z’nachd hadd ma do schu gässa kadd,
weil jo allas numma uffs Chrischkindl waad.
Ann da Källa, Schbaicha odda Schdall
isch ma awa am Chrischdowad uff kóin Fall.

Ma hadd a kói Wassa mee kolld am Brunna,
weil s’Wassa vawóndld sich an Wói mitunna.
Un s’Viech am Schdall dud minónna schwädza,
wónn uffam Chrischbóm bränna d’Kädza.

Doch jedas, wu se schwädza hääd,
schun ball da aije Dòòd äfääd.
Fó da Esl in Bethlehem näwam Kribbele
hadd da Vadda aus Hai un Schdròwied grichd a Bischele.

Des legd ma an da Kiedròg am Chrischkindlsmóriad,
ass s’Viech an Säja hadd un mechd am naija Jóh kói Sória.
Bis Draikenich hengd uffam Sail kói Wesch,
weil ma sunschd am naija Jóh Laichawesch wäschd.

Isch da Chrischkindlsmóriad häll un glaa,
gidds sicha a guds Wóijóh.
Weil hälla Mädda dungla Schaiara
un dungla Mädda hälla Schaiara.

Awa was s’nai Jóh uns noch vaschbrichd,
des sichd ma an da zwelaf Zwiwwlschala mid Salz uffam Kichadisch.
Die guggd ma noch da Mädda ó,
dónn wais ma gnau wies wädd, s’nai Jóh.

Sò häwases gaglabd, die alda Laid,
doch lóng vabai isch die ald Zaid.
Drum winsche allan, wu des läsa,
a Gliggselichs Nais Jóh und Gottes Säja.

Ball an Draikenich kumma jedas Jóh
Kaschba, Baldasa un a Melchió.
Se bringa Säja, wu rächd badd,
Christus Mansionem Benedicat.“

 
Das kleine Jahr

„Wenn man das Abendrot am Himmel sieht
und der Himmel feurig glüht,
hat die Urgroßmutter immer gesagt,
dass das Christkind seine Gutsel backt.

Am Christabend um sechs Uhr kommt es vom Himmel herunter,
das ist ja das allergrößte Wunder,
und schwebt im Dorf von Haus zu Haus
und teilt allen seine Geschenke aus.

Zu Nacht hatte man da schon gegessen gehabt,
weil ja alle nur aufs Christkind gewart.
In den Keller, Speicher oder Stall
ist man aber am Christabend auf keinen Fall.

Man ging auch nicht mehr zum Brunnen runter,
denn das Wasser verwandelt sich in Wein mitunter.
Und das Vieh im Stall tut miteinander schwätzen,
wenn auf dem Christbaum brennen die Kerzen.

Doch jeder, der es schwätzen hört,
nur den eigenen Tod erfährt.
Für den Esel in Bethlehem neben dem Krippele
hat der Vater aus Heu und Strohwied gerichtet ein Büschele.

Das legt man in den Kuhtrog am Christkindsmorgen,
damit das Vieh einen Segen hat und macht im neuen Jahr keine Sorgen.
Bis Dreikönig hängt auf dem Seil kein Leinen,
weil man sonst im neuen Jahr um einen Toten müsste weinen.

Ist der Christmorgen hell und klar,
verheißt dies ein gutes Weinjahr.
Denn helle Metten verheißen dunkle Scheunen
und dunkle Metten helle Scheunen.

Aber was das neue Jahr uns noch verspricht,
das sieht man an den zwölf mit Salz gefüllten Zwiebelschalen auf dem Küchentisch.
Die schaut man nach der Christmette an,
dann weiß man genau, wie das neue Jahr werden kann.
(Jede Zwiebelschale stand für einen Monat und je nachdem wieviel Feuchtigkeit das Salz während der Mette gezogen hatte, hielt man die entsprechenden kommenden Monate für feucht oder trocken.)

So haben es geglaubt die alten Leut‘,
doch längst vorbei ist die alte Zeit.
Darum wünsche ich allen, die dies lesen,
ein Glückseliges Neues Jahr und Gottes Segen!

Bald an Dreikönig kommen jedes Jahr
Kaspar, Melchior und Balthasar.
Sie bringen Segen mit viel Kraft,
Christus Mansionem Benedicat.“

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