Zeuterner Sagen und Geschichten: Die „Franzosenhohl“

Kuhfuhrwerk des Theodor Dutzi (re. im Bild) in der Franzosenhohl am 22.09.1956. Foto: Archiv Heimatverein Ubstadt-Weiher e.V.
Kuhfuhrwerk in der Franzosenhohl (1956). Foto: Archiv Heimatverein Ubstadt-Weiher e.V.

Am Ortsausgang in nordöstlicher Richtung führt die „Tiefelter Hohl“ zwischen den beiden Gemeinschaftsrebanlagen „Kapellenberg“ und „Gänsbuckel“ hinauf zum „Roten Kreuz“.

Zählt der seit Jahren betonierte Hohlweg heute zu den landwirtschaftlichen Hauptachsen auf unserer Gemarkung, so schien er vor Jahrhunderten von strategischer Bedeutung zu sein. Die „Tiefelter Hohl“ ist heute noch als „Franzosenhohl“ in aller Munde, und jeder im Dorfe weiß, wie eine der größten Hohlwege der Gemeinde zu diesem Namen kam. Die Überlieferung erzählt folgende Geschichte:

Die Kaiserlichen waren beim Attaque-Wäldchen von den Franzosen geschlagen worden. Daraufhin zogen sie sich in die Gegend zurück, wo die Gemarkungen von Zeutern, Odenheim und Östringen zusammenstoßen. Dort schlugen sie ihr Quartier auf. Die beim Attaque-Wäldchen siegreichen Franzosen ließen sich von den Rebhängen Zeuterns locken, besannen sich nicht lange und besetzten den Ort. Die Zeuterner Bürger mussten zunächst tatenlos zusehen, wie sich die Besatzer am köstlichen Zeuterner Wein gütlich taten. Sie hielten lange aus, und erst als die Fässer leer und kein Tropfen mehr zu finden war, räumten die Belagerer das Dorf.

Andreas, der schon seit Tagen gerüstet hatte, war in der Zwischenzeit nicht untätig. Er suchte in der Nacht das Lager der Kaiserlichen und er fand es. Dem Kommandanten hatte er bald sein Anliegen vorgetragen und mit ihm einen Plan ausgehechelt, wie man den Franzosen zu Leibe rücken könnte.

Als die Franzosen an jenem Morgen, da sie abzogen, den Hohlweg in Richtung Östringen passierten, wurden sie am Ende der Hohle überraschend von den Kaiserlichen in Empfang genommen. Die Franzosen wollten in ihrer ersten Bestürzung durch den Hohlweg zurückfliehen, da aber versperrte ihnen Andreas mit seinen Mannen den Weg. Die Franzosen waren eingekeilt. Von der einen Seite hagelte es gutgezielte Axthiebe, von der anderen Seite prasselten die blanken Säbel der Kaiserlichen. Die Franzosen wurden so grausam geschlagen, dass ihr Blut in Strömen die Hohl herunterfloss. Die Gefallenen sollen in einem Massengrab rechts des Hohlwegs bestattet worden sein. Nur einem einzigen gelang es, sich aus dem Staube zu machen. Aber auch dieser wurde von einem Bauern gesichtet, der gerade in seinem Weinberg arbeitete. Die scharfe Hacke des Bauern hat dann das letzte Wort gesprochen. Die Franzosen waren bis auf den letzten Mann geschlagen. Andreas und seine Männer und die Kaiserlichen hatten ihren Sieg, und die „Tiefelter Hohl“ wurde von diesem Tage der Abrechnung an „Franzosenhohl“ genannt.

Eine andere, weniger bekannte, aber vielleicht eher glaubhafte Version über die Entstehung des Namens „Franzosenhohl“ berichtet, dass es sich nur um einen Trupp Franzosen handelte, der in Zeutern bis tief in die Nacht hinein gezecht hatte und dann feuchtfröhlich und nichtsahnend durch den Hohlweg in Richtung Östringen zog. Während dieses nächtlichen Marsches wurden die Zecher von kaiserlichen Truppen in der Hohle überrascht und so fürchterlich geschlagen, dass alle umgekommen sind. Ihre Gebeine sollen dort, wo heute das Kreuz vor der Dorfkapelle (Kapellenstraße) steht, bestattet sein.

Wenn diese Geschichte behauptet, die Kaiserlichen seien zuerst beim Attaque-Wäldchen geschlagen worden, so ist das ein Irrtum. Man hat den viel älteren Flurnamen „Dackwald, Dachwald“ mit dieser Geschichte zu erklären gesucht und schließlich aus dem Dackwald ein Attaque-Wäldchen gemacht. Siehe Kapitel Flurnamen! Dagegen beweist unsere Kriegskarte aus dem 18. Jahrhundert, dass östlich von Zeutern an einem Weg, offenbar in der „Franzosenhohl“, wirklich „1734 von dem General Petrasch eine Partei Franzosen von 300 Mann totaliter geschlagen worden“ ist. Außerdem beweist das Totenbuch des katholischen Pfarramtes Sinsheim, dass Verwundete von Zeutern nach Sinsheim transportiert wurden. Am 22. Juni 1734 starb in Sinsheim „der französische Soldat Johannes Metzger aus der Champania, von den Deutschen bei Zeittern verwundet“, ebenso starben vom 26. bis 29. Juni noch 4 französische Soldaten aus der Champania, am 27. ein Schwabe und am 30. Juni ein kaiserlicher Soldat aus Österreich von der Truppe des Grafen von Karaffa. Das „totaliter geschlagen“ bedeutet also nicht, dass alle Franzosen getötet wurden.

(Quelle: Ortsbuch 1200 Jahre Zeutern, Eugen Hollerbach)

 
Auf unserer Webseite, die wir anlässlich 1250 Jahre Zeutern im Spätjahr freischalten wollen, sind dann alle Zeuterner Sagen und Geschichten mit weiteren Anmerkungen und Fotos zu finden.

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